
Fotos: Knewitz
Seniorenverpflegung
„Sie sollen essen,
was sie mögen“
Riechen weckt Erinnerungen, schmecken auch. Im AWO-Seniorenzentrum
in Laufen steht für die Bewohner der
Genuss an vorderster Stelle. Mit dem Verpflegungskonzept
kann die Einrichtung auf Sonderwünsche eingehen.
Essen ist so ziemlich der einzige
Genuss, der den Bewohnern bis
zum Schluss ihres Lebens bleibt“,
erklärt Michael Schönsmaul, der seit
diesem Februar das AWO-Seniorenzen-trum
im oberbayerischen Laufen leitet.
„Früher waren die Menschen rüstig,
die zu uns kamen. Heute sind sie aus-schließlich
pflegebedürftig.“ Doch was
gleich blieb: Das Essen ist ein sehr wich-tiger
Faktor. Daher ist es dem gelernten
Krankenpfleger, studierten Pflegemana-ger
und Pflegewissenschaftler beson-ders
wichtig, dass die Bewohner auch
das essen können, was ihnen schmeckt.
Es gibt im Haus keine Bevormundung.
Die einzigen Ausnahmen von der Wahl-freiheit
sind medizinisch erforderliche
Diäten oder passierte Kost. „Wir setzen
jemanden nicht einfach auf Diät, nur
wegen leichtem Übergewicht“, sagt er.
Außerdem gibt es auch zweimal in der
Woche, wenn gewünscht, alkoholische
Getränke wie Bier oder Wein.
Was die Bewohner mögen und worauf
sie beim Essen Wert legen, folgt ge-wissen
Kriterien. Essen ist immer auch
eine emotionale Angelegenheit. „Wir
erleben z. B., dass Gerichte wie Königs-berger
Klopse bei Heimatvertriebenen
besonders beliebt und mit Erinnerun-gen
verbunden sind“, erklärt der Ein-richtungsleiter.
Statusprodukte spielen
eine weitere Rolle. „Bei der Generation
80+ ist Brot ein großes Thema, vor al-lem
Weißbrot. Das hat es früher nicht
gegeben, weil es teuer war“, ergänzt
er. Wenn Bewohner nicht mehr selbst
kommunizieren können, was sie gerne
mögen und was nicht, kann dies in de-ren
Biografie ermittelt oder durch das
Befragen Angehöriger oder Freunde
herausgefunden werden. „Ansonsten
verfahren wir nach dem Prinzip Versuch
und Irrtum“, sagt Michael Schönsmaul.
Das Essen in der Gemeinschaft beein-flusst
das Verhalten ebenfalls: Manche
Bewohner möchten das essen, was der
Nachbar hat.
Extrawünsche erwünscht
In dem Seniorenzentrum unmittelbar
an der deutsch-österreichischen Grenze
gibt es einen Sechs-Wochen-Speiseplan,
in dem auch saisonale und regionale
Produkte eine Rolle spielen. Mit dem
Neubau 2014 erfuhr das Speisenkon-zept
eine Neuausrichtung. Seither sind
die 78 Bewohner in sechs Wohngrup-pen
eingeteilt und nehmen ihr Essen in
gemütlichen, überschaubaren Esszim-mern
ein. Die Speisen werden per Cook
& Chill-Verfahren am AWO-Standort in
Freilassing zubereitet. Täglich besteht
die Wahl zwischen vier Menüs, darun-ter
ein vegetarisches. „Durch die Küche
im nur 15 km entfernten Freilassing und
den guten Draht in die fast eigene Kü-che
sind auch Extrawünsche möglich
und man kann offen ansprechen, wenn
ein Gericht nicht zu unserer Zufrie-denheit
ausfällt“, betont die Hauswirt-schaftsleitung
Helene Schönsmaul-Feil.
So wird der Schinken für den Nudelsalat
separat angeliefert und individuell un-tergemischt.
Auch die Qualität hat man
Inzwischen wird in Buffetwagen
statt im Wasserbad regeneriert –
und die Temperatur genau geprüft.
34 GVmanager 10 / 2017