
Claudia Kirchner
Chefredakteurin
Offen über Convenience sprechen Profiköche
nicht gerade gerne; weder dem
Kollegen gegenüber („Was würde der wohl
von einem halten, wenn er die Wahrheit
wüsste?“), noch gegenüber dem Gast („Der
bekommt das in den falschen Hals und
kommt nie wieder!“), ganz zu schweigen
von der Presse. Umso gespannter waren
wir auf das Ergebnis unserer anonymen
Umfrage zu Convenience, die wir im Juni
unter Verantwortlichen aus den Bereichen
GV, Schulverpflegung, Gastronomie, Hotellerie
und Fleischerhandwerk durchgeführt
haben. Und umso überraschter waren wir
über das zahlreiche ergänzende persönliche
Feedback, das uns erreicht hat. Nochmals
herzlichen Dank dafür!
Es hat uns gezeigt, dass Convenience in
mancher Hinsicht noch immer tabu ist –
v. a. dem unbedarften Gast gegenüber
(s. GVmanager 8, S. 14ff). Allerdings wird
mehr differenziert und entsprechend auch
kein pauschales (Vor)Urteil mehr gefällt.
Zudem fühlt sich – zumindest unter den
GV-Verantwortlichen
– kaum einer in seiner
Kochehre
gekränkt, wenn man auf das
Thema
zu sprechen kommt.
Besonders überrascht hat uns, dass rund ein
Viertel der Befragten bereits mit individueller
Convenience arbeitet und ein weiteres gutes
Drittel sich diese zudem selbst herstellt,
z. B. für Events. Deutet sich da etwa ein
neues Verständnis von „hausgemachter“
und auch von „frischer Küche“ an? Es ist
ein hehres Ziel, täglich alles frisch und selbst
herstellen zu wollen – allerdings setzen dem
viel zu viele Faktoren Grenzen: begonnen
bei der Nachfrage, über die Restetonne bis
hin zum Trio Zeit, Geld und Personal. Passend
dazu resümierte der „unkonventionell“
arbeitende Koch und Unternehmer Stefan
Cammann jüngst: „Irgendwann musste ich
ernüchternd feststellen, dass ich zwar immer
frisch gekocht habe – aber eben sehr
oft mit alten Zutaten.“ Ständig war etwas
übrig und er wurde Meister in der Resteverarbeitung,
was die Frage aufbrachte: Was
ist eigentlich „frisch“? Und warum ist bei
Köchen alles, was nicht als frisch gilt, gleich
pfui? Für ihn ist „frisch“ inzwischen ein „sehr,
sehr, sehr relativer Begriff, der wenig bis gar
nichts mit dem zu tun hat, was man mir viele
Jahre beigebracht und eingeredet hat“.
Ein Schulverpfleger brachte in unserer Umfrage
einen anderen Aspekt ein: „Wir müssen
nicht alles selbst herstellen, schließlich
haben wir Partner, die ihr Handwerk sehr
gut verstehen.“ Die Zeiten, als Großküchen
noch eigene Backstuben und Metzgereien
hatten, sind passé. Stattdessen setzen viele
auf das regionale Handwerk und lassen sich
vom Bäcker und Metzger nebenan teils sogar
selbst bzw. individuell rezeptierte oder
zumindest individuell kalibrierte oder geformte
Produkte liefern. Auch regionale Gemüse-
und Obstbauern nehmen inzwischen
erste Verarbeitungsschritte ab und machen
ihre Erzeugnisse dadurch „convenienter“.
Wie „bequem“ es darüber hinaus sein darf
oder muss, liegt aber in der Hand der einzelnen
Profiküche (bzw. ihres Trägers) und ist
noch immer sehr unterschiedlich. Ein Paradigmenwechsel
zeichnet sich aber ab.
Mehr zu den Ergebnissen unserer Umfrage
lesen Sie in der aktuellen Ausgabe ab S. 12
sowie in Ausgabe 8 ab S. 14:
www.gastroinfoportal.de/convenience
Wer wird
GV-Manager des
Jahres 2017?
Das erfahren Sie am
12. Oktober!
Frisch gekocht?