
22 BRANCHE UMFRAGE
BRANCHE IM WANDEL
Grafik: B&L MedienGesellschaft
des Problems bewusst. „Zwar konnten wir
aufgrund unseres hohen Standards im Um-gang
mit unseren Mitarbeitern, wie eine
vollständige Erfassung und
Bezahlung von Über-stunden,
eine Bezah-lung
über Mindestlohn,
Weiterbildungen, etc., und dank der KUG-Regelung
das gesamte Team durch die Krise
bringen, doch mittel- bis langfristig werden
auch wir die Folgen des häufig schlechten
Mitarbeiterumgangs
von ‚schwarzen Schafen
der Branche‘ zu spüren bekommen“, ist sich
Stephan Hoffmeister, Geschäftsführer des
Cafés am Markt Goslar, sicher, der auch die
Politik aufruft, zur Lösung des Problems bei-zutragen:
„Es braucht erstens eine endlich
ernsthafte Bekämpfung von Schwarzgastro-nomie
und Steuerhinterziehung, zweitens die
Einführung einer ‚Hürde‘ für Gründer in Form
eines Kompetenznachweises und drittens eine
Reduzierung der Umsatzsteuer auf 7 %, um
angemessene Löhne zahlen zu können.“ Der
Forderung nach dem bleibenden reduzierten
Steuersatz schließen sich etliche Befragte an.
Ioakim Kochliaridis, Inhaber von Joe Penas in
Stuttgart, Ludwigsburg und Heilbronn, fordert
zudem die Arbeitszeitenlänge und die Auswei-tung
der nicht zu versteuernden Einkommen
sinnvoll anzupassen, etwa auf 650 statt 450
Euro für Aushilfen. „Die Lohnnebenkosten
müssen zudem gesenkt werden, um den Min-destlohn
zu bezahlen. Außerdem brauchen wir
Unterstützung bei den Energiekosten, sonst
rasen wir in eine Insolvenzspirale ohne Tem-polimit!“,
ergänzt er.
Angesichts der Kostenthematik überrascht
es nicht, dass die Top-Maßnahme im Bereich
Management in 2021 Preiserhöhungen waren
(vgl. Grafik 4, Maßnahmen zur Krisenbe-wältigung)
und diese auch bei den geplanten
Top-Maßnahmen auf Platz
3 zu finden sind (vgl.
Grafik 3), direkt nach
zwei HR-Maßnahmen.
Fazit
Doch die Branche gibt so schnell nicht auf. Sich
weiterzuentwickeln in Sachen Digitalisierung
und Nachhaltigkeit zählt zu den Top 5 der To
do’s (s. Grafik 3). Auch gezielte Investitionen
sind geplant, oder wurden von fast der Hälfte
der Befragten (48,7 %, vgl. Grafik 4) bereits
getätigt. An der Spitze erfolgter und geplanter
Investitionen rangiert die Digitalisierung bei
70,7 %
der Befragten (vgl. Grafik 5, l.). Auf
Platz 2 folgen die der Corona-Situation ge-schuldeten
Investitionen in mehr Hygiene.
Den Gastraum haben 54,3 % der Befragten
nachgerüstet oder umgebaut und 47,4 % der
Verantwortlichen haben die Zeit des Lock-downs
genutzt, um das
Gebäude zu sanieren.
Mehr Investitionen in
Sachen Nachhaltigkeit
tätigte bzw. plant die Hälfte der Befragten.
Ein abschließendes Fazit stellvertretend für
alle Befragten ist schwierig. So rechnen viele
GV-Betriebe mit langfristig weniger Gästen
angesichts Homeoffice und digitaler Lehre.
Zugleich sehen Hochschul- und Betriebs-,
aber auch Care-Gastronomie eine große
Chance in Sachen Nachhaltigkeit und Regio-nalität.
Unter den Gastronomen ist klar, dass
so manche Betriebsschließung unvermeidbar
sein wird, man wünscht sich „einen Staat, auf
den man sich wieder verlassen kann“ sowie
„vermehrte Wertschätzung und Qualitätsbe-wusstsein
bei Gästen und Politik“. Hoteliers
hoffen auf ein Wiedererstarken des Business-
sowie des internationalen Tourismus und sehen
eine Chance im alternativen sowie dem Lei-sure
Tourismus. Doch es kann sein, dass „wir
bis dahin noch eine weitere schwere Zeit hinter
uns bringen müssen“, mutmaßt ein Befragter.
„Wir freuen uns auf 2022. Die Gäste sind
dankbarer als vor Corona“, resümiert Klaus
Kobjoll, Inhaber des Schindlerhofs. „Vor der
Zukunft habe ich eigentlich keine Angst. Ich
habe zwei Hände und einen Kopf und bin nicht
umsonst Unternehmerin geworden!“, blickt
eine weitere Befragte positiv in die Zukunft.
„Uns treiben täglich mehrere Herausforde-rungen
an, die wir nicht als negativ ansehen.
Dass fast jeden Tag was Neues wartet, macht
schließlich den Beruf so interessant“, resü-miert
auch Jerome Stocker, Küchenleiter,
AWO Seniorendienste. Claudia Kirchner
TOP 5 INVESTITIONSBEREICHE IM AHM
Digitalisierung
Hygiene
Gastraum
Nachhaltigkeit
Gebäudesanierung
66,4
54,3
50
47,4
in %
1
2
3
4
5
70,7
„Gesellschaftlicher
Zwiespalt innerhalb und
außerhalb des Betriebs.“
„Preiserhöhungen
in allen Bereichen,
Inflation, Mindestlohn.“
„Ich hoffe auf
ein besseres Jahr.“
Grafik 5
70,7 % der befragten Verantwortlichen im AHM, die investiert
haben oder das planen, tun das in Sachen Digitalisierung.