hard seltzer
das Getränk, das durchschnittlich 5 Vol.-% Alkohol
enthält, in ihr Portfolio aufgenommen. Denn Hard
Seltzer wird auf Fermentationsbasis
hergestellt
und bildet eine eigenständige Getränkekategorie.
Der Alkohol wird aus Wasser, vermälzter Gerste
(bzw. oftmals auch mit Rohrzucker) sowie Hefe
gewonnen. Ausgangspunkt ist grundsätzlich eine
Zuckerlösung, aus welcher die zugesetzte Hefe
den Alkohol macht. Am Ende des Gärungsprozes-ses
werden dann Wasser und Aromen beigefügt.
Die Zutatenliste ist also ziemlich übersichtlich:
dazu gehören Wasser mit Kohlensäure, natürliche
Aromen, Alkohol
und Zitronensäure. Aber nicht
nur bei den Ingredienzen, auch in Sachen Kalo-rien
ist Hard Seltzer ein Minimalist: Auf 100 ml
kommen 30 Kalorien. Deshalb wird Hard Seltzer
oft als leicht bekömmliches Getränk vermarktet.
Weg vom Feierabendbier
Aber Hard Seltzer ist nicht neu auf dem Markt.
Das Getränk gab es bereits Anfang der 90er-Jahre.
So lancierte die Coors Brewing Company
das Hard Seltzer bereits 1993 unter dem Namen
Zima. Die Idee dahinter: Man wollte eine Alter-native
zu Bier anbieten. Damals konnte sich die
Marke allerdings nicht durchsetzen – heute ist
Zima nur noch in Japan erhältlich.
Hard Seltzer passte nicht recht in den Lifestyle der
damaligen Zeit. Das geringe Volumenprozent des
Alkohols sei in den 90er-Jahren noch nicht gelernt
bzw. gewünscht gewesen, erklärt Ann-Kathrin
Metzner, Marketingverantwortliche der Schwarz-wälder
Brennerei Bimmerle, den damaligen Flop.
„Heute trifft die Gattung Hard Seltzer aber genau
den Kern der Zeit.“ In einer Welt, in der Trends
wie Minimalismus und Achtsamkeit an Bedeutung
gewinnen, kommt ein „cleanes“ Getränk wie Hard
Seltzer es suggeriert, gut an.
Auch Jonas Brügmann von JJ Seltzer bestätigt:
„Hard Seltzer war damals seiner Zeit voraus. Vor
30 Jahren haben die Menschen einfach noch nicht
so auf eine ausgewogene, zucker- und kohlenhy-dratfreie
und kalorienarme Ernährung geachtet."
Deren Produkt Pure Hard Seltzer treffe den Zeit-geist
der Generation Z und der Millennials: ein
leichter Drink, der keinen Zucker, keine Kohlen-hydrate
und kein Gluten enthält, der klimaneutral
produziert wird. Es wird mit Vulkanquellwasser
aus der Eifel, europäischem Wein und direkt aus
der Frucht gewonnenen Aromen abgefüllt.
Die Katlenburger Kellerei verleiht ihrer Version
mit aromatischem Fruchtwein eine eigene Note:
Im „inFusion Fruity Hard Seltzer“ trifft prickelndes
Trinkwasser auf Fruchtwein mit Noten von Früch-ten
und Kräutern. Dabei entstanden die Sorten
Apfel-Hopfen, Erdbeer-Minze und Zitrone-Limette
– mit einem leichten Alkoholgehalt von 4 Vol.-%.
Das Getränk wird aber nicht nur von „alten Ha-sen“
ins Sortiment aufgenommen, sondern lässt
auch viele Neueinsteiger in den Markt eintreten.
Beispielsweise Holy Drinks, ein im Frühjahr 2020
ins Leben gerufene Unternehmen aus Berlin.
Geschäftsführer Robert Iken ist vom Erfolg des
Mischgetränks überzeugt. Für den hiesigen Markt
prognostiziert er ein Marktpotenzial von 1,5 Mrd.
Euro in den nächsten drei Jahren. Das Getränk
mit den Geschmacksrichtungen Cucumber Lime,
Cranberry, Lemon Ginger und Grapefruit will ganz
bewusst – im Unterschied etwa zu einem IPA –
beide Geschlechter ansprechen. Trotz eher weib-lich
anmutendem Image sind auch Männer von
dem Getränk angetan: „Wir sehen aktuell schon
in unseren Daten, dass Männer etwa 50 % unserer
Kunden ausmachen“, sagt Robert Iken. Auch die
Brennerei Bimmerle betont: man wolle den männ-lichen
Biertrinker von seinem Feierabendbier weg,
hin zu einem leckeren, erfrischenden und kalori-enreduzierten
„Buzz“ (so auch der Name) lenken.
Das Unternehmen Makai Seltzer, bestehend aus
Nico Bödeker, Jan Neutard und Martin Bersem,
tüftelt seit 2019 an dem Getränk. Auf den Ge-schmack
gekommen ist Nico Bödeker durch einen
Aufenthalt in den USA. Er erkannte das Potenzial
für den deutschen Markt und nahm das Getränk
mit nach Hause. Das daraus entstandene Hard
Seltzer enthält 4 Vol.-% Alkohol und ist in fünf
Geschmacksrichtungen erhältlich: Darunter etwa
Apfel-Ingwer, welches für ein sehr fruchtiges Aro-ma
kombiniert mit einer leicht bitteren Ingwer-
Note sorgt; eine ausgefallenere Variante findet
sich indes bei Gurke-Basilikum. Im Unterschied
zu anderen Herstellern vertreibt Makai Seltzer im
Moment nur Flaschen, was mit einer Absatzorien-tierung
an der Gastronomie begründet wird.
Normalerweise fallen sämtliche Getränke, deren
Alkoholgehalt über 1,2 aber unter 10 Volumen-prozent
liegt, unter das Alkopopsgesetz. Diese
müssen laut Definition trinkfertig gemischt und
in verkaufsfertigen, verschlossenen Behältnissen
abgefüllt sein. Im Falle von Hard Seltzer wird
zwar der im Produkt vorhandene Alkohol durch
Gärung gewonnen, diesem werden aber – im Un-terschied
etwa zu Wein – die charakteristischen
Eigenschaften entzogen. Daher sieht auch die
steuerliche Handhabung für Hard Seltzer etwas
anders aus. So gibt Holy Drinks an, dass sie für
ihr Produkt nur die normale Alkoholsteuer an
den Fiskus zahlen. Dasselbe bei Foxwater, einem
Start-up aus Berlin: das Unternehmen verwendet
nämlich gar keine Traubenlösung als Basis zur
Vergärung – somit wird auch keine Weinsteuer
fällig. Aufgrund der Rezeptur ist der Ypso Hard
Seltzer von Schloss Wachenheim sowohl von der
Spirituosen- als auch von der Alkopop-Steuer be-freit
– als aromatisierter weinhaltiger Cocktail
basierend auf Sparkling Water und Wein sowie
natürlichem Aroma.
Einen anderen Ansatz verfolgt das Unternehmen
Berlin Seltzer, eine Tochtergesellschaft der Deut-schen
Spirituosen Manufaktur: Man verzichtet
ganz bewusst auf den Zusatz von Aromen und Zu-cker.
Der Geschmack kommt aus den Destillaten
von verarbeiteten Rohstoffen. Mit dem destillier-ten
Alkohol mit nur 1,1 Vol.-% entfallen für das
Unternehmen gar jegliche Steuerabgaben.
Eine echte Alternative
Das Mischgetränk hat aber auch abseits des
Konsumentenmarktes Potenzial. Die Chancen
von Hard Seltzer in der Gastronomie seien groß,
ist Dominik Wojcik, Geschäftsführer von Foxwa-ter,
der Ansicht. Es gäbe viel zu wenig leichte
alkoholische Getränke, die eine echte Alterna-tive
zu Bier darstellen, sagt er. „Will man mit
einem leichten alkoholischen Getränk sein Es-sen
beginnen, so gibt es meistens nur ein Bier
als Wahl und das ist nicht jedermanns Sache.
Auch durch die unzähligen Aromen, die man
mit einem
Hard Seltzer kombinieren kann, öff-net
sich kulinarisch
ein wundervolles Pairing zu
Speisen.“ Pascal Thommen
Chris Colby
How to Make Hard Seltzer
Hard Seltzer ist einfach herzustellen und mit einer kreativen
Palette an Geschmackszusätzen versehen. Der Hausbrauer
gibt in seinem Buch Rezepte und Ratschläge, wie ein Hard
Seltzer gelingt, und welche Vorschriften zur Einhaltung der
gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten sind. Colorado:
Brewers Publications, 196 Seiten, 19 €.
5 1/2021
Fotos: © Galina Gorkavaya – adobe.stock.com, Brewers Publications
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