
STORYTELLER
Vom Kutter Mit ihrem Foodtruck Green Palmyra versucht sich die Familie Hamwi
in Deutschland ein neues Leben aufzubauen. In der Firma Roka haben
E
Fotos: ROKA, Green Palmyra
Eigentlich ist Majd Hamwi Kapitän. Er kommt
aus Syrien, doch wegen des Krieges musste
er seine Heimat verlassen. Seit 2014 lebt er in
Deutschland, wo er nach einem Integrations-kurs
als Geflüchteter anerkannt wurde. Doch
sein Studium der Nautik, das er in Ägypten
abschloss, wird in Deutschland nur in Teilen
anerkannt. An der Hochschule Bremen
studierte er weitere vier Semester und schrieb
seine Diplomarbeit, um in einer deutschen
Reederei arbeiten zu können. In dieser Zeit
kam auch der Rest seiner Familie, seine
Eltern und Geschwister, nach Deutschland.
Majds Vater ist Gastronom. In Syrien hat er
sein eigenes Restaurant betrieben,
doch ein neues Restaurant in
Deutschland zu eröffnen ist
mit hohen Kosten und
Risiken verbunden. Auf
einer Seereise hatte Majd
dann die Idee: Syrisches
Streetfood soll seine
Familie in Zukunft ernäh-ren.
Zusammen mit sei-nem
Vater erarbeitet er
ein Konzept. Schließlich
bekommen sie einen Steh-platz
auf dem Nürnberger
Markt. Dies ist allerdings mit
der ein oder anderen Her-ausforderung
verbunden:
„Die Stadt hat genaue Vor-schriften,
wie der Wagen aus-zusehen
hat. Die traditionellen
roten und weißen Streifen
müssen eine bestimmte Farb-gebung
und Breite haben.
Außerdem wollte ich ein Solar-
sie dafür den richtigen Partner gefunden.
modul auf dem Dach
haben.“ Viele Truck-
Hersteller wollen sich
auf seine Anforderungen
nicht einlassen. Es dauert
ein paar Monate, bis er
schließlich in der Firma
Roka den richtigen Part-ner
findet. „Roka fand
unser Projekt interessant,
hatte aber zu dem Zeit-punkt
viel zu tun. Sie
sagten: Wenn Du Geduld
hast, schaffen wir das.
Also haben wir uns
die Zeit ge-nommen.“
Starker Partner
„Herr Hamwi hat sich
damals mit einer selbst
erstellten Zeichnung an
uns gewandt“, erinnert
sich Volker Beck, Ge-schäftsführer
von Roka.
„Das hat mich neugierig
gemacht. Wir haben einige
Anpassungen vorgenom-men,
ein Angebot erstellt und
mit ihm die Kosten und die
Finanzierung besprochen.“
Auf der Basis des Anhänger-
Modells Roadrunner entsteht
der Food-Trailer Green Palmyra.
Die Fahrzeugbeschriftung erar-beitete
Roka in enger Abstim-mung
mit dem Nürnberger Markt-amt.
So wird sie den strengen
Vorgaben des histori-schen
Marktstandortes
gerecht und erhielt die
benötigte Genehmigung.
Die Nachhaltigkeit des
Trucks liegt Majd da-bei
am Herzen. „Auf
dem Schiff habe ich viel
Zeit nachzudenken. Dort
kontrolliert dich keiner, es
gibt keine Polizei, die Dich
bestraft, wenn Du etwas
ins Wasser wirfst, obwohl
das unmittelbare Auswir-kung
auf die Umwelt hat.
Im Foodtruck hat man
genauso viel mit der Umwelt zu tun. Strom,
Plastik, Papier – all das hat Konsequenzen.“
Folgerichtig haben er und sein Vater den Ein-satz
von Plastik soweit wie möglich reduziert.
Unterstützt wurden sie dabei von Zero Waste
Nürnberg. Um weiterhin Müll zu vermeiden,
verwenden die Foodtrucker das Pfandsystem
von Recup. Die Becher haben einen Pfandwert
von einem Euro und können an beliebigen an-deren
teilnehmenden Betrieben abgegeben
werden. Das Besondere dabei: Die eigentlich
für Getränke gedachten Becher verwendet er,
um darin seine Falafel-Wraps auszugeben.
Um das Thema Umweltschutz und Nachhaltig-keit
auch bei der Fahrzeugtechnik umzusetzen,
hat Roka eine Solaranlage mit Batteriespeicher
auf dem Dach des Anhängers installiert. Sie
übernimmt weitgehend die elektrische Versor-gung
für Kühlung und Beleuchtung im Fahr-zeug.
Für mehr Effizienz wurden Einbaugeräte
mit höchster Energieeffizienzklasse und eine
energiesparende LED-Beleuchtung verbaut.
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12 FOOD
business
01/20