
MACHER GKH HAVELHÖHE
und eigenverantwortlichen Entscheidungen
unterscheiden.
Eigenverantwortliche Entscheidungen
zu treffen, bedeutet: bei einem Problemfall
oder der Möglichkeit zur Verbesserung in
einem Dreischritt vorzugehen, bestehend aus
der Übergabe des Themas an die zuständige
Person. Ist diese nicht klar oder handelt sie
nicht, sollten Betroffene oder Kompetente
kurz befragt werden („Advice-Prinzip“) und
dann eine Entscheidung folgen.
Im nächsten Steuerungsmeeting muss
dann ein Abgleich oder eine Revidierung
stattfinden, auch Einwände können dann ad-ressiert
werden.
M. Z.: Zusammenfassend kann man demnach
sagen: Selbstverantwortung bedeutet nicht,
dass es keine Führung gibt. Vielmehr heißt
Selbstführung: Wer die höchste fachliche
Kompetenz in einem Bereich hat, führt.
Inwieweit bringt die Verteilung der Verant-wortung
auf zwei Küchenleiter Vorteile mit
sich? Wie harmonisch ist die Zusammenar-beit?
H. B.: Harmonie ist nicht das Ziel von kolle-gialer
Führung! Kollegiale Führung zwingt zu
sachlichen Auseinandersetzungen und zur
Berücksichtigung der verschiedenen Pers-pektiven.
Führungskräfte aus einem klassisch-
hierarchischen Führungssystem tun sich damit
nicht immer ganz leicht.
Natürlich stellt sich bei einer Verteilung
der Verantwortung auf mehrere Personen
die Frage: Wie kann sichergestellt werden,
dass das Speisenkonzept sich dennoch wei-terentwickelt?
Das Küchenteam hat die
Möglichkeit, sich durch ein externes Fach-
experten-Coaching bzw. eine Beratung unter-stützen
zu lassen. Darüber hinaus besteht für
alle Köche die Möglichkeit zum Netzwerken
und zur Teilnahme an internen und externen
Fortbildungen.
Vor ein paar Jahren wurde das Verpflegungs-konzept
umgekrempelt. Was hat sich dadurch
im Einkauf und Speisenangebot geändert?
O. B.: In puncto Einkauf und Speisenangebot
hat es grundlegende Veränderungen ge-geben:
So setzen wir seit der Umstellung auf
eine ausgewogene Kost mit Schwerpunkt auf
pflanzlichen Rohstoffen: Gemüse und Milch-produkte
stammen aus der Region, Brot und
Backwaren erhalten wir z. B. von der Demeter-
Bäckerei Weichardt und vom BioBackHaus in
Wustermark, Fisch von den Müritz Fischern
und Fleisch unter anderem vom Hof am Goh-litzsee
und vom Erdhof Seewalde.
Beim Fleisch haben wir einen Entschluss ge-fasst:
Es gibt immer noch jeden Tag Fleisch, aber
nicht mehr zu jeder Mahlzeit, sondern nur noch
entweder morgens oder mittags oder abends.
Das Gemüse, das wir verarbeiten, wächst zum
Teil sogar auf Feldern, die an unser Klinik-
gelände angrenzen. Da wir mittlerweile aus-reichend
Erfahrung gesammelt haben, können
wir die pro Jahr benötigten Gemüsemengen
gut im Voraus berechnen und mit unseren
Lieferanten gezielte Anbauplanungen ver-einbaren.
Das ist eine Win-Win-Situation für
beide Seiten. Gurken dürfen bei uns zudem
auch mal krumm sein und die Zucchini Über-größe
haben; das hat für uns positive Aus-
wirkungen auf den Preis.
Hatte die Umstellung auch Auswirkungen auf
den Personaleinsatz/-bedarf?
H. B.: Der Personaleinsatz hat sich mit dem
neuen Speisenkonzept um drei Vollzeitkräfte
erhöht. Das liegt unter anderem daran, dass für
Frühstück und Abendessen vom Buffet- auf
das Tablettsystem gewechselt wurde. Zudem
wurde ein zusätzlicher Beikoch eingestellt, da
die Frischküche mehr Personal bedingt.
Wie kommt die „neue Küche“ bei den Pati-enten
und den Krankenhausmitarbeitern an?
M. Z.: Es sind nicht alle Essensteilnehmer,
sprich Patienten und Mitarbeiter, begeistert –
allerdings kann man es nie allen recht machen.
Vor der Einführung gab es eine Diskus-sion
in großer Runde, ob wir solch ein Kon-zept
bis zum Patientenbett hin vertreten. Das
Diskussionsergebnis: Ja, wir wollen das. Das
Speisenkonzept hinterfragen und optimieren
wir stetig. Wir treffen uns mehrmals im Jahr
mit den Ernährungsberatern und Ärzten un-seres
Krankenhauses, um uns über neue Er-kenntnisse
im Bereich der Ernährungsmedizin
auszutauschen. Diese fließen dann ebenfalls in
unser Ernährungskonzept ein.
Inwiefern hilft Ihre neue Verpflegungsphilo-sophie,
z. B. bei der Suche nach neuen Mitar-beitern
und bei der Mitarbeiterbindung?
O. B.: In der Außenwirkung hat die Umstellung
unseres Speisenkonzepts Aufmerksamkeit er-langt
und eine hohe Nachfrage nach sich ge-zogen:
Neben Anfragen durch die Presse, die
über uns berichtet hat, darunter z. B. Die Welt,
die Berliner Zeitung, die New York Times oder
Galileo, hatten wir auch Besuch von anderen
Kliniken, die unser Konzept vor Ort kennen-lernen
wollten. Auch haben wir darauf hin bei
verschiedenen Konzepten und in Netzwerken
mitgewirkt, in denen es um Themen ging, die
uns in Zukunft noch mehr prägen werden oder
waren bei Podiumsdiskussionen aktiv.
H. B.: Wenn es um die Frage der Mitarbei-terfindung
geht, kann ich dies bestätigen, was
die Suche nach neuen Köchen anbelangt. Viele
von diesen haben mit uns übereinstimmende
Visionen, was die neue Esskultur im Kranken-haus
betrifft.
Glauben Sie, dass MehrChefModelle sich in
Zukunft durchsetzen werden?
H. B.: Insbesondere vor dem Hintergrund des
Führungskräftemangels ist das Konzept der
kollegialen Führung und der Selbstführung in
unseren Augen ein Zukunftskonzept. Köche
übernehmen auf diese Weise eine neue Ver-antwortung
für ihren Beruf.
Herzlichen Dank für das Gespräch! sar
„
Harmonie ist nicht
das Ziel von kollegi-aler
Führung! Kolle-giale
Führung zwingt
zu sachlichen Ausei-nandersetzungen
und
zur Berücksichtigung
der verschiedenen
Perspektiven.
“ Heike Breidenich, Bereichsleitung
MEHR DAZU
Welche Rolle hat die Kommunika-tion
im GKH und mit welchen He-rausforderungen
sieht sich das Team
aktuell konfrontiert? Mehr dazu:
www.gastroinfoportal.de/gkh
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