
Fotos: privat
FROSTIGER RUF?
THOMAS HUS, GESCHÄFTSFÜHRER, MENSA
STIFTUNG MINDEN, MINDEN:
Natürlich setzen wir in unserer Küche, auch täglich, TK-
Produkte ein, darunter Gemüse, Geflügel, Backwaren und
Fisch – das sind sicherlich 50 Prozent des gesamten Waren-
einsatzes. 4.000 Portionen Spinat frisch zu verarbeiten,
würde uns gar nicht gelingen. Zudem ist der Genusswert
meiner Meinung nach der gleiche: Man schmeckt kaum
einen Unterschied zur Frischware. Und es ist keine neue
Erkenntnis, dass TK-Gemüse in der Regel einen höheren
Vitamingehalt hat als länger gelagertes Frischgemüse.
Wesentliche Vorteile von TK-Waren sind darüber
hinaus die gute Kalkulierbarkeit aufgrund der längerfris-tigen
Preisbindung sowie die meist relativ gleichbleibend
gute Qualität – das gilt aber z. B. nicht für tiefgekühltes
Gulasch oder Hackfleisch. Rind- und Schweinefleischpro-dukte
verarbeiten wir deshalb frisch und beziehen diese,
ebenso wie Wurstwaren, von unserem regionalen Fleischer.
Die tiefgekühlte Ware zieht bei der Zubereitung einfach
zu viel Wasser.
Trotz der positiven Faktoren in puncto Handling,
Genusswert oder Kosten haben TK-Produkte bei vielen
Kunden noch einen negativen Ruf – im Sinne von: „Das ist
,industriell‘ hergestellte Ware.“ Dabei wird vergessen, dass
ein Spezialist wesentlich bessere Bedingungen hat, ein Pro-dukt
herzustellen, als teilweise wir in der Gemeinschafts-gastronomie.
Als Beispiel führe ich dazu das Schnitzel
auf: Wir würden ein Schnitzel in tiefem Fett ausbacken,
während die Industrie die Möglichkeit hat, dieses mit ganz
wenig Fett auf Teflonbändern in gleichbleibender Qualität
zu garen. Insbesondere bei Geflügel und Fisch spielt dabei
auch die Hygiene als ein großes Thema mit hinein.
MICHAEL BAHN, BETRIEBSLEITER UND KÜCHEN-DIREKTOR,
CANTINE – MADE BY TRAUBE TON-BACH,
FINKBEINER KANTINEN, C/O VECTOR
INFORMATIK, STUTTGART:
Unser Anspruch ist es, möglichst alles selbst und frisch
zu machen. Wir verarbeiten Tiefkühlprodukte daher nur
punktuell – immer dort, wo sie Sinn machen. Fleisch und
Fisch (bis auf Garnelen) beziehen wir z. B. ausschließlich
frisch. Manche Gemüsesorten finde ich in der TK-Variante
jedoch sogar besser als das Frischeprodukt wie Rosenkohl,
Schwarzwurzeln oder Erbsen – letztere z. B. aufgrund des
hohen Chlorophyllgehalts.
Ob wir uns für tiefgekühlte Produkte entscheiden, ist
einerseits vom Handling abhängig und andererseits vom
gewünschten Gericht. Kochen wir z. B. ein Risotto mit
Artischocken, dann kaufen wir geviertelte Artischocken-
Frischobst und -gemüse sind (vermeintlich) besser als ihre tiefgefrorenen
Verwandten – und auch bei Fleisch und Fisch aus eisigen Truhen mag der eine
oder andere zunächst die Nase rümpfen. Doch was ist dran am frostigen
Verhältnis zur TK-Ware?
TK-KOST MEINUNG
herzen TK ein – weil der Arbeitsaufwand für das Frische-produkt
nicht gerechtfertigt wäre: 30 Kisten Artischo-cken
und drei Tage Arbeit sind für den Verwendungszweck
einfach zu viel und die Qualität der Tiefkühlartischocken
ist hervorragend. Auch bei einem Rahmspinat wähle ich
die TK-Ware und verfeinere diese z. B. mit Trüffelbutter
statt diesen aus frischem Blattspinat zu kochen. Was ich
hingegen aus frischem Gemüse zubereite, ist z. B. Karot-tenpüree
oder auch Mischgemüse, da dies aus frischen
Lebensmitteln einfach um Längen besser schmeckt. Wir
wägen also immer ab, wann der Einsatz eines Tiefkühlpro-dukts
Sinn macht. Menge und Preis spielen also nicht die
übergeordnete Rolle.
Dass der Ruf von Tiefkühlprodukten eher schlecht
ist, hat etwas damit zu tun, was früher damit gemacht
wurde: Wer keine Top-Ware einfriert, taut auch kein Top-
Produkt auf. Wir frieren hier auch – wenn vorhanden –
Überhänge sorgfältig ein, um diese zu einem späteren
Zeitpunkt wieder aufzutauen. Lebensmittel wie frische
Maultauschen vom Metzger vakuumieren wir zunächst und
kennzeichnen diese, ehe sie dann in den Froster kommen.
Auch beim Auftauen gilt es einige Aspekte zu beachten,
damit die Qualität des Produktes dann auch stimmt.
Wer Hühnerbrüste z. B. ins heiße Wasser legt, um sie in
einer Stunde zu verarbeiten, hat eine schlechte Planung
und das Produkt leidet, da das Eiweiß im Fleisch stockt.
Das Produkt wässert und verliert so an Geschmack. Auf-tauen
benötigt Zeit. Deshalb kommen tiefgekühlte Gar-nelen
in unserer Küche z. B. auf Lochgitter und tauen
dann für zwei Tage im Kühlhaus bei 3°C auf, ehe wir diese
verarbeiten.
Thomas Hus
Michael Bahn
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GVMANAGER 12/19