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ist er auf dem rechten Ohr taub. Im März
1993 floh Amed Alan Mardin nach Deutsch-land,
wo er Fuß fassen konnte und sich ei-nigen
Operationen unterziehen musste. Die
Zeit im Gefängnis hinterließ ihre Spuren,
aber der Kurde bleibt optimistisch. „Die
Sehnsucht nach meiner Heimat verspüre ich
nach wie vor, aber ich konnte mich hier gut
integieren und mittlerweile ist Deutschland
meine zweite Heimat. Die Entwicklungen
in der Türkei verfolge ich aber immer noch“,
erklärt Amed Alan Mardin. In seiner zwei-ten
Heimat studierte er Politik- und Sozial-wissenschaften,
engagierte sich weiterhin
im politischen Umfeld und unterstützte
seine Familie, sodass auch seine Geschwis-ter
eine akademische Laufbahn einschla-gen
konnten. Um auch den Menschen in
Deutschland seine Wurzeln zu zeigen und
eine Stätte des Kennenlernens und der To-leranz
zu schaffen, eröffnete er sein Tenur.
Von allem das Beste
Für die angenehme Stimmung sorgt auch
das Essen, das von seiner Frau zubereitet
wird. „Sie ist die kulinarische Seele der
Küche“, schwärmt der Inhaber. Da es nicht
„die eine“ kurdische Küche gibt, lassen sich
verschiedene Strömungen ausmachen. So
finden sich auf der Speisekarte kurdische,
mediterrane, anatolische und orientali-sche
Gerichte. Doch genau diese Mischung
macht das Restaurant so spannend und be-liebt:
Hummus, Kibbeh, Kebab, Halloumi,
Wachteln und Makloubeh stehen unter an-derem
zur Wahl. Das beliebsteste Gericht ist
der Kalbfleischspieß mit gegrillten Tomaten
und Spitzpaprika. Nicht nur die Speisen
wurden sorgfältig ausgewählt, auch die Zu-taten
müssen bestimmten Kriterien entspre-chen.
„Wir verwenden hier nur regionale
Zutaten, die auch bio-zertifiziert sind. Wenn
möglich, wählen wir zudem Fairtrade-Pro-dukte“,
erklärt Amed Alan Mardin. „Mit der
Verwendung von Fairtrade-Produkten wol-len
wir einen Beitrag zu gerechten, nach-haltigen
und lebenswerten Bedingungen für
die Gesellschaft leisten. Der Kauf von Bio-
und Fairtrade-Produkten soll Landwirten
weltweit zugutekommen. Denn im Tenur
schätzt man die Menschheit und ihre Diver-sität.“
Das Restaurant vereint kurdische,
mediterrane, anatolische und
orientalische Einflüsse.
ERFOLGSFAKTOREN
Tenur-Ofen
Authenzität
Kulinarische Vielfalt
Toleranz
Rabattsystem
INHABER
AMED ALAN MARDIN
24 STUNDEN GASTLICHKEIT 6/2019 31 Fotos: Polster
DURCH UND DURCH
Alle vereint
Im Tenur sind alle Gäste willkommen, der
Restaurantinhaber freut sich auf jeden und
ist für alle Menschen da. So setzte er sich
bereits während seiner Studienzeit in der
Türkei für Homosexuelle, Demokratie und
freie Religionswahl ein. Diese Toleranz und
Akzeptanz verschiedener Ethnien, Religio-nen
und Lebensweisen finden sich in allen
Aspekten des Restaurants wieder, auch auf
der Speisekarte: Fleischgerichte, vegeta-rische
oder vegane Gerichte gibt es – aber
auch halal und koscher stellen kein Problem
dar. „Wenn sich ein Gast nach den Lehren
der Halacha ernährt, lässt sich das ebenfalls
umsetzen – das sollte aber am besten bei der
Reservierung mitangegeben werden“, rät der
46-Jährige. Dass wirklich alle zu ihm kom-men
können, zeigt auch das Rabattsystem:
Studenten, Menschen mit Behinderung und
Arbeitslose erhalten die Gerichte zu einem
vergünstigten Preis. Warum? „Weil sich jeder
gesundes, hochwertiges Essen leisten können
sollte!“ Michael Polster / Eva Fürst
Tenur – Berlin
SITZPLÄTZE 102
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