
Foto: privat
zielführend ist dieser Weg für mich aber nicht“,
erklärt der gelernte Koch.
„Wir greifen in unserer Veggie Zone St. Paul
und auch in der Mensa Regensburger Straße
nicht gerne bis überhaupt nicht zu Fleisch-
ersatzprodukten. Ausnahmen sind Sojagra-nulat
und Sojastreifen. Diese würde ich aber
nicht als typische Ersatzprodukte einstufen,
da diese Artikel nur aus einem Inhaltsstoff
bestehen“, wirft auch der Mensaleiter des
Studentenwerks Erlangen-Nürnberg, Mi-chael
Söllner ein. Er berichtet von zahlreichen
Messen und Verkaufsveranstaltungen, die er
und sein Team besucht haben – auf der Suche
nach Artikeln, die ihnen das Arbeiten in der
Gemeinschaftsverpflegung erleichtern. Sein
Fazit: „Leider immer mit dem gleichen Er-gebnis:
Abgesehen von den teils horrenden
Einkaufspreisen sind die meisten Artikel voll-gestopft
mit undurchsichtigen Chemie-Ab-kürzungen
und geschmacklich und optisch
fragwürdig.“
Einfachheit des Kochens
Algen waren Jörg Jendrnys größte Entdeckung
bei der praktischen Weiterbildung, mit denen
Referent und Teilnehmer den maritimen Ge-schmack
in einen veganen Heringssalat aus
unter anderem Tofu, Rote Bete, Äpfeln und
Walnüssen gebracht haben. Als unterschätztes
Lebensmittel nennt Jörg Jendrny zudem die
Stiele von Brokkoli: ganz dünn, roh geraspelt,
MEHR DAZU
Einen kritischen Kommentar zur
veganen Küche gibt es von Michael
Söllner, Mensaleiter vom Studenten-werk
Erlangen-Nürnberg, online:
www.gastroinfoportal.de/kommentar
„Abgesehen von den teils hor-renden
Preisen sind Fleisch-
ersatzprodukte oft vollgestopft
mit undurchsichtigen Chemie-
Abkürzungen und geschmack-lich
und optisch fragwürdig.“
leicht fermentiert und mit Reisessig und Aga-vendicksaft
für zwei Stunden mariniert wird
aus dem Strunk ein leckerer Salat. „Und das
mit einem Wareneinsatz, der gen Null geht“,
betont der Experte. Auch Möhrenschalen
in Tempurateig frittiert als Topping für Salat
seien ein Highlight. „Dahinter steckt eine No
Waste-Strategie mit Blick auf die Einfachheit
des Kochens. Das funktioniert aber nur, wenn
frische Produkte genutzt werden“, räumt Jörg
Jendrny ein.
Frische, hochwertige und vor allem sai-sonale
Produkte – wenn möglich regional
bezogen – bilden die grundsätzliche Basis für
die vegane Küche, ergänzt um Getreide und
Hülsenfrüchte sowie Tofu, Seitan und Tempeh
für das nötige Protein. Als elementare Zutat
nennt Jörg Jendrny zudem Sojasauce, die es
in verschiedenen Varianten von süß über sauer
bis kräftig gibt, um einem Umami-Geschmack
in die Speisen zu bringen.
Das Team um Michael Söllner im Studen-tenwerk
Erlangen-Nürnberg versucht in der
Mensa Veggie Zone St. Paul, so gut es geht,
Klassiker der Küche vegan zu interpretieren
– verbunden mit viel handwerklicher Arbeit.
Ein Tipp von seiner Seite heißt Halbfertig-Pro-dukte
wie Kloßteig zu verwenden, um Zeit zu
sparen. „Daraus lassen sich wunderbar allerlei
Bratlinge und Pattys zubereiten, da er eine
Bindung sowie gleichzeitig eine Geschmei-digkeit
hat.“
Mit Materie auseinandersetzen
Wichtig ist dem GV-Berater Jörg Jendrny bei
der Hinwendung zur veganen Küche, dass sich
die Küchenteams gerade auch mit neuartigen
ZUSAMMENGEFASST
Weniger ist mehr: Einfachheit des Kochens
wiederentdecken.
Frisches Obst und Gemüse als Basis,
ergänzt um Eiweißträger wie Hülsenfrüchte,
Tofu, Tempeh, Seitan sowie Nüsse und
Saaten; Sojasauce als elementare Würze.
Ganzheitliche Verarbeitung von frischen
Gemüsen, z. B. Brokkoliröschen als
Gemüse, Brokkolistrunk als Salat; Karotten
als Gemüse und -schalen als Tempura.
Verschiedene Tofuqualitäten ausprobieren:
Welche Sorte überzeugt mich und zu
welchem Gericht passt sie? Cremiger
Seidentofu eignet sich z. B. für die
Dessertzubereitung.
Algen bringen maritimen Geschmack in
Speisen.
Fleischersatzprodukte können dazu dienen,
Neugierde bei den Gästen zu wecken.
Zutaten wie Tofu oder Tempeh auseinander-setzen
und damit probekochen, um sich daran
zu gewöhnen, und dann in kleinen Mengen
erste Aktionen in der Mittagsverpflegung zu
starten. So merkt er z. B. an, dass es bei Tofu
verschiedene Qualitätsunterschiede gibt –
von gummiartig und geschmacksneutral bis
hin zu hochwertigen oder auch geräucherten
Varianten. Je nach Verwendungszweck müsse
demnach entschieden werden, welches Pro-dukt
als Zutat zum Einsatz kommt. Den cre-migen
Seidentofu empfiehlt Jörg Jendrny
z. B. für die Zubereitung von Desserts. Auch
in seiner Abschlussarbeit im Rahmen der
DHA-Weiterbildung konzentrierte er sich auf
diese Tofuart und die Zubereitung von protein-reichen
veganen Zwischenmahlzeiten für die
Seniorenverpflegung.
Geschmack als Muss
Auch wenn die vegane Küche ein Kostenfaktor
ist und es dafür mitunter auch ein gewisses
Koch-Know-how braucht, das in manchen
Küchen aufgrund von Fachkräftemangel nicht
gegeben ist, so sieht Jörg Jendrny auch Vor-teile.
So ist neben der Möglichkeit, Produkte
ganzheitlich zu verarbeiten (vgl. Beispiel Brok-koli:
Röschen und Strunk) auch das geringere
hygienische Risiko ein großer Pluspunkt für
ihn. „Wenn ich tierische Lebensmittel verar-beite,
muss ich eine viel höhere Hygiene an
den Tag legen, auch in puncto Temperatur
– Milchprodukte und Fleisch sind zwangs-läufig
kühlpflichtig, Gemüse nicht“, wirft Jörg
Jendrny ein. Zuvor habe er gedacht, dass
vegan zu kochen kompliziert sei. „Wenn man
sich dann aber damit auseinandersetzt, merkt
man schnell, dass es eigentlich das Gegenteil
ist“ – lautet sein Resümee.
Was macht für Jörg Jendrny ein veganes
Gericht zu einem guten Gericht? Seine
„banale“ wie nachvollziehbare Antwort: „In
erster Linie muss ein Gericht schmecken, aber
auch die Optik muss stimmen. Frisch und bunt
zusammengestellt greift auch der eine oder
andere Nicht-Veganer zu.“ sar
Michael Söllner
Mensaleiter, Veggie
Zone St. Paul und
Mensa Regensburger
Straße, Studentenwerk
Erlangen-Nürnberg
28 WISSEN VEGANE KÜCHE
GVMANAGER 11/19