
Foto: Alten-Wohn-Pflegeheim Christkönig
MANAGER IM GESPRÄCH FRANK DORNSIEPEN
Seniorenverpflegung nicht unterschätzt werden sollte, hat der leiden-schaftliche
Koch im Gespräch erzählt:
Herr Dornsiepen, was hat sich für Sie am meisten verändert, seit Sie
die Küchenleitung im Alten-Wohn-Pflegeheim Christkönig über-
nommen haben?
Mittlerweile bin ich mehr in operative Arbeiten eingebunden: Abläufe
planen, durchführen und anschließend die Ergebnisse auswerten und
kontrollieren – das ist mittlerweile der Gang meines Tages. Auf Zusam-menhänge
und Differenzen zwischen Kindern und der Seniorenverpfle-gung
einzugehen, zukunftsorientierte Konzepte umzusetzen, Prozesse
in Frage zu stellen und neue Ideen zu finden und dann einfließen zu
lassen, gehört natürlich ebenfalls dazu.
Mit der neuen Verantwortung ist die Möglichkeit entstanden, noch
mehr Ideen auszuprobieren und diese weiterzuentwickeln. Dabei be-rücksichtige
ich auch die Ideen und das Feedback meiner Mitarbeiter.
Wir wollen stets am Puls der Zeit bleiben: Stehenbleiben ist immer ein
Rückschritt. Es muss also immer weitergehen. Haben wir ein Projekt
abgeschlossen, starten wir eigentlich schon gleich mit dem nächsten.
Welche Ideen und Projekte setzen Sie aktuell in Ihrem Betrieb um?
Den mobilen Kochwagen und den Kräutergarten haben wir bereits
erfolgreich eingeführt, aktuell arbeiten wir an der Weiterentwicklung
des Gartens, in dem wir künftig auch Zucchini, Tomaten oder Johannis-beeren
gemeinsam mit den Bewohnern anpflanzen und pflegen wollen.
Mit den Senioren anschließend auch noch aus der eigenen Ernte etwas
zu kochen, macht aus dem Projekt eine runde Sache.
Mit dem angebauten Gemüse, Obst und Kräutern decken wir na-türlich
nicht den Bedarf für die gesamte Verpflegung vor Ort – darum
geht es aber auch nicht. Die daran beteiligten Bewohner freuen sich
darüber, eine Aufgabe zu haben. Es stimmt sie glücklich.
Gibt es etwas, das Ihren Arbeitsalltag prägt und Ihr Wirken maßgeblich
mitbestimmt?
Ich versuche stets, die Zusammenhänge zwischen dem Alter und dem
Essverhalten zu verstehen; dafür arbeiten wir, d. h. Küchenmitarbeiter
und Pflege, sehr intensiv mit Essbiografien zur Abfrage. Dabei ist es
auch wichtig, die Verwandtschaft mit ins Boot zu holen, um zu erfassen,
was unsere Bewohner auch früher und in ihrer Kindheit gerne gegessen
haben. Die Ergebnisse aus diesem Austausch sind dann das Feld, in dem
wir uns mit unserem Speisenangebot bewegen. Wir können dann ge-zielt
geliebte Gerichte aus der Vergangenheit anbieten und damit einen
Wiedererkennungswert erlangen. Das Gehirn weiß mit den Erinne-rungen
aus der Kindheit umzugehen.
Um den Bedürfnissen unserer Bewohner gerecht zu werden, suchen
wir auch regelmäßig nach den Essensausgaben den Kontakt zu ihnen und
holen ein Feedback ein. Wir nehmen sie und ihre Wünsche ernst und
bringen ihnen so eine gewisse Wertschätzung entgegen. Die Bewohner
sind mir sehr wichtig, deshalb nehme ich mir gerne diese Zeit.
Was ist für Sie und Ihr Team die größte Herausforderung in puncto
Seniorenverpflegung?
Die Gesellschaft, die Wirtschaft und die Politik verlangen alles immer
noch günstiger. Dabei die Senioren gesunderhaltend zu ernähren, das
ist die Herausforderung.
Es wird irgendwann einen rasanten Wandel in unserem Speisenan-gebot
geben. Die Esskultur hat sich stark verändert. Menschen haben
durch Reisen die Küchen anderer Länder kennengelernt. Und daraus hat
sich wiederum der Geschmackssinn anders entwickelt. Es wird künftig
also die Herausforderung sein, diese verschiedenen Geschmäcker zu
bedienen. Bestimmte Klassiker wird es zwar immer geben, aber gerade
solche Dinge, wie Couscous oder Quinoa, werden verstärkt nachgefragt
werden. Bis sich das niederschlägt, wird aber noch einige Zeit vergehen.
Sicherlich wird es dann auch nicht nur um andere Zutaten und Gerichte
gehen, sondern auch um veränderte Gartechniken. Schon heute bietet
die vorhandene Küchentechnik breite Möglichkeiten, produktschonend
und nährstofferhaltend zu garen. Ich denke, damit müssen wir künftig
auch anders umgehen.
Wie erleben Sie das Image der Gemeinschaftsgastronomie bzw. der
Seniorenverpflegung im Speziellen?
Es gibt sowohl positive als auch negative Stimmen. Ich denke, wir sollten
uns davon verabschieden, beim Kochen nur aufs Geld zu schauen. Wer
sich gut und ausgewogen ernährt, mit hochwertigen Produkten, spart
im Nachgang Medikamente. Ich bin kein Arzt, aber dennoch bin ich
der Meinung, dass viele Krankheiten verhindert werden könnten bzw.
erst verzögert eintreten, wenn die richtige Ernährung stattgefunden
hätte. Einige unserer Bewohner waren vor dem Umzug in unser Haus
Kunden von unserem Essen auf Rädern-Angebot, die sich auch auf-grund
der guten Erfahrung mit unserer Verpflegung für unser Haus
entschieden haben.
Wenn ich Kollegen treffe, sind wir einer Meinung, dass man mit
guten Produkten mehr erreichen kann als mit minderwertigen, im Sinne
von „Geiz ist geil“. Sobald ich hier mehr Convenienceprodukte einsetzen
würde, würden unsere Bewohner das merken. Viele der Seniorinnen in
unserem Haus können einfach auch gut kochen, gerade deshalb ist das
Kochhandwerk, das wir hier zeigen, auch gefragt.
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Mobiler Kochwagen: Durch die Speisenzubereitung
im Zimmer wird das Essen zum Erlebnis.
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GVMANAGER 10/19