
first class verleiht...
SAURE
ZITRONE
GOLDENER
APFEL
Wir übernachten am 30. Juli im Schwarzwald im Parkhotel
Königsfeld für zwei Nächte. Das Frühstück am ersten Morgen
wird von Null-Service begleitet. Der Kellner grüßt die Gäste
nicht. Die billig wirkenden Plaste-Thermokannen stehen mit
lauem Inhalt an der Bar zum Abholen. Kein Nachfragen, kein
Abräumen. Ein Einzelreisender wartet, während er schon
frühstückt, auf Kaffee und Service. Der Kellner geht an ihm vor-bei.
Nach acht Minuten hat es der Gast wohl verstanden und
begibt sich selbst auf die Suche. Wäre der Kellner heute nicht
zum Dienst erschienen, es wäre kaum aufgefallen. Die Sonne
strahlt und die direkt daneben liegende Terrasse hätte zum
Frühstück eingeladen. Fehlanzeige. Am zweiten Tag ist dies
allerdings möglich, wenn auch wenig professionell begleitet.
Nachdem wir hier im Schwarzwald sehnigen Parmaschinken
am Büffet vorfinden, verlassen wir den Frühstücksraum und
werden auch nicht verabschiedet.
Die Saure Zitrone geht heute an Herrn Peer, der
den schlechten Check-in von Frau Delarte doch
noch deutlich übertroffen hat. Wir hinterlassen
beim Check-out unsere Visitenkarte und bitten
um Rückruf der Geschäftsführerin Frau Her-schlein,
die diesen Qualitätsgastgeber-Betrieb
leitet. Bis dato kein Kontakt. Bei Abreise bedau-ern
wir asiatische Busreisende, die über eine
Strecke von ca. 150 Metern ihre Rollkoffer
über einen üblen Schotterweg schleifen
müssen. Bedauernswert ist auch das Erschei-nungsbild
der drei Housekeeping-Damen, die
ärmlich bekleidet mit Plastiktüten und Eimern
einige hundert Meter über den Parkplatz zu-rücklegen
müssen. Die Anzahl der unzähligen
Schlaglöcher in diesem Resort entspricht in
etwa den erheblichen Servicelücken. Auf
Expedia wird dieses Unternehmen als Top Hotel
empfohlen. Betriebe mit diesem Auftritt scha-den
der Destination Schwarzwald nachhaltig.
In der Ausgabe 9/2018 hatten wir uns dem Thema Toiletten
in der 4- und 5-Sterne-Hotellerie gewidmet. Die Ergebnisse
waren ernüchternd. So heikel das Thema ist, so wenig haben
wir Innovationen oder gastorientierte Anlagen angetroffen. Auf
unserer Schwarzwaldtour stießen wir im August per Zufall in
dem neuen, recht kleinen Hotel „Die Säge“ in Niedereschach-
Kappel auf sehr Erfreuliches. Liebevoll und hoch professionell
wurden hier für unsere Bedürfnisse, neben Essen und Trinken,
zwei vorbildliche Anlagen geschaffen. Design und Funktionali-tät
im Einklang in einer Form, die viele Fachplaner immer noch
nicht erreichen oder wertschätzen. Wobei wir ergänzen möch-ten,
dass im Design für uns Funktionalität eingeschlossen sein
muss, wenn es nicht nur Kunst darstellen soll. In momentanen
Zeiten der Gender-Diskussionen hat hier eine Unternehmerin
und Mutter ganz pragmatisch nachgedacht und neben den
beiden üblichen Eingängen und der Behindertentoilette eine
sehr angenehm gestaltete
Familientoilette geschaffen.
Hier kann sich Mama oder
Papa mit dem Nachwuchs in
Ruhe mit zwei Toiletten und
reichlich Platz zurückziehen.
Der Goldene Apfel geht
somit an die Ideengeberin
und Hausherrin Tajana
Werner für diese vorbild-liche
und sehr schöne
Einrichtung. Was wir in
diesem gastronomischen
Kleinod darüber hinaus
gesehen haben, hätte einen
weiteren Goldenen Apfel
verdient. Unser Glück-wunsch
in den Hoch-schwarzwald
für diesen
Vorzeigebetrieb.
Fotos: Colourbox.de, privat
Eine hohe Kundenzufrieden-heit
ist für die Hotellerie in
Zeiten von Online-Bewer-tungsportalen
wichtiger denn
je. Jeder kleinste Fehler im
Service kann zu einem nied-rigeren
Ranking und in der
Folge zu einem Umsatzrück-gang
führen. Umgekehrt kann ein Hotelier mit
einem professionellen Kundenumgang nicht
nur beim heimischen Gast, sondern auch inter-national
Pluspunkte sammeln.
Peter Rothenhäusler (Foto), ehem. Hotel-
direktor und Partner der Beratungsgesellschaft
Concertare im Bereich Servicequalität, berich-tet
exklusiv für first class von seinen persön-lichen
Erfahrungen im Hotelmarkt. In jeder
Ausgabe verleiht er für ein Negativbeispiel die
„Saure Zitrone“ und für ein positives Beispiel
den „Goldenen Apfel“.
kolumne
9/2019 39