
Foto: BSR
Jetzt mal ehrlich!
... Andreas Zawada
Tim Raue wechselte im Rahmen der Vox-Sendung
Kitchen Impossible für einen Tag seinen
Arbeitsplatz und kochte in der Zentralküche der
Berliner Stadtreinigung (BSR). Wir sprachen mit
Andreas Zawada, Küchenleiter der BSR, über den
Besuch des Zwei-Sterne-Kochs.
Herr Zawada, wie empfanden Sie und Ihr Team
den Besuch von Tim Raue in Ihrer Küche?
Der Besuch von Tim Raue in unserer Küche war
schon etwas ganz Besonderes – natürlich auch
wegen des TV-Formats Kitchen Impossible, das
ja sehr viele Leute kennen. Ich finde es klasse,
dass wir bei der Sendung mitmachen konnten.
Im Vorfeld habe ich mir allerdings ein paar
Gedanken gemacht, wie wir als Betriebsgas-tronomie
der BSR da wohl hineinpassen und
wie das Zusammentreffen mit einem Zwei-
Sterne-Koch wie Tim Raue sein wird. Dass
ich als Küchenleiter einer normalen Betriebs-gastronomie
mal für jemanden wie Tim Raue
kochen würde, hätte ich nicht gedacht. Doch
meine anfänglichen Bedenken, Leute wie er
könnten vielleicht etwas distanziert sein, trafen
überhaupt nicht zu. Das hat mich angenehm
überrascht. Tim Raue ist ein total netter und
freundlicher Mensch – sowohl vor als auch
hinter der Kamera. Wir haben uns auch in den
Drehpausen sehr kollegial ausgetauscht.
Haben Sie sich im Vorfeld zur Sendung viele
Gedanken darüber gemacht, welche Gerichte
Sie von Tim Raue nachkochen lassen wollen?
Natürlich habe ich ganz schön überlegt und im
Vorfeld auch ein paar Dinge ausprobiert – z. B.
den Popcorn-Milchreis. Das Drei-Gänge-Menü
sollte bodenständig sein, nicht zu abgehoben,
aber eben auch nicht unspektakulär – einfach
stimmig zu unserer Betriebsgastronomie. Aber
so einen „ganz normalen“ Milchreis? Da war
mir klar: Das bekommt ein Zwei-Sterne-Koch
locker hin. Deshalb der Extrakick und Twist mit
dem Popcorn. Übrigens ist der Popcorn-Milch-reis
seitdem sehr beliebt: Erst heute haben ein
paar Gäste danach gefragt und angemerkt,
dass wir genug kochen sollen, damit sie auch
etwas davon für zuhause mitnehmen können.
Wie hat sich Tim Raue geschlagen?
Mit einem insgesamt guten Ergebnis habe ich
gerechnet, immerhin ist Tim Raue ein Zwei-
Sterne-Koch. Und er hat es auch wirklich gut
gemacht – aber beim Popcorn-Milchreis gab
es noch etwas Luft nach oben. Das Asiahühn-chen
und die Auberginenröllchen fand ich sehr
lecker. Die Pinienkerne für die Füllung der An-tipastiröllchen
werde ich übrigens in Zukunft
auch vorher anrösten – so wie er es gemacht
hat. Wahrscheinlich wäre es für Tim Raue eine
noch größere Herausforderung gewesen, wenn
er für eine Menüzubereitung à 450 Portionen
hätte sorgen müssen, wie wir sie am Standort
Ringbahnstraße täglich benötigen. Da ist das
„Stresslevel“ schon ein ganz anderes, vor allem
zur Stoßzeit. So waren es lediglich die Portio-nen
für die Jury, die er kochen musste.
Würden Sie sich wieder für das Mitwirken an
dem TV-Format entscheiden?
Anfangs war ich ziemlich aufgeregt, schließlich
hat man ja nicht jeden Tag ein Fernsehteam
in seiner Küche. Wir sind in unserer Betriebs-gastronomie
aber gut aufgestellt – vor allem
habe ich ein tolles Team, das mich
im Vorfeld und während der
Dreharbeiten prima unter-stützt
und mir den Rücken
freigehalten hat. Ohne
mein Team wäre die Teil-nahme
nicht möglich ge-wesen.
Trotz der anfäng-lichen
Aufregung war die
Erfahrung also durchweg
positiv. Kitchen Impossible
hat mir gezeigt: Auch wenn Tim
Raue ganz anders kocht als wir in unserer
Betriebsgastronomie, so kochen wir doch alle –
sprichwörtlich – nur mit Wasser.
Welchen Ruf hat die Gemeinschaftsverpfle-gung
in Ihren Augen aktuell?
In unserem Fall hat die Gemeinschaftsverpfle-gung
einen guten Ruf – das zeigen z. B. die
Rückmeldungen unserer Gäste. Aber auch all-gemein
ist ein Wandel erkennbar: Das merkt
man allein schon daran, dass heute i.d.R. von
Betriebsgastronomie statt von Kantine gespro-chen
wird. Der Stellenwert dieser ist einfach
viel höher als noch vor einigen Jahren, was
STECKBRIEF
Alter: 53 Jahre
Position: Küchenleiter in der
Zentralküche der Berliner
Stadtreinigung (seit 1997)
Werdegang: 1-jähriges
Volontariat als Page,
anschließend 3-jährige
Kochausbildung im Hotel
Excelsior in Berlin; 1 Jahr
Kochanstellung im Hilton in
München; dann „Wanderjahre“ in
Berliner Spitzengastronomie; Koch bei
BSR (seit 1991)
Produktionssystem: Cook & Chill; für
Beilagen und Kurzgebratenes sind Be-schäftigte
der Betriebsgastronomie an
den jeweiligen Standorten verantwortlich
Essenzahlen: 400 bis 450 Mittagessen
pro Tag am Hauptstandort (interne/
externe Gäste), 5.500 bis 6.500 Essen
pro Woche inkl. weiterer 9 Standorte
Mitarbeiterzahl: etwa 20 in der Zen-tralküche
(inkl. Logistik)
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