
Heißt das, Profiküchen sollten lediglich Rapsöl
verwenden?
Ausschließlich ein Öl zu verwenden, ist nicht
optimal. Es macht Sinn, andere Öle als Ergän-zung
zu nutzen – auch um den Geschmack
zu variieren. Mit Rapsöl lassen sich viele Zu-bereitungen
in Profiküchen abdecken. Je nach
Verwendung kann es aber durch andere Öle
ergänzt werden: Olivenöl ist z. B. aus fast kei-ner
Profiküche wegzudenken, außer den strikt
regionalen. In Salatküchen sind Kürbiskern-
oder Walnussöl zu finden. Auch über Nüsse
oder Ölsaaten wie Walnüsse oder Sesam kön-nen
Köche Geschmack und Fette in ein Ge-richt
bringen, hier ist aber abzuwägen, ob dies
stimmig für die Zielgruppe ist. Nüsse sind z. B.
für Patienten mit Kau- und Schluckbeschwer-den
undenkbar.
Wie punktet das von Ihnen angesprochene Oli-venöl
in der Ernährung?
Olivenöl, das von Kardiologen aufgrund sei-ner
Wirkung auf die Herzgesundheit schon seit
vielen Jahren protegiert wird, findet häufig Ver-wendung.
Die einfach ungesättigten Fettsäuren
im Olivenöl haben einen nachweislich positiven,
regulierenden Einfluss auf den Fettstoffwech-sel
bzw. die Gefäßgesundheit – insbesondere
im Austausch für tierische Fette. Das Olivenöl
in nativen Pressungen ist geschmacksinten-siv;
auch hier gibt es aber unter anderem de-sodorierte
Qualitäten, die hoch erhitzbar sind.
Es passt sehr gut in die mediterrane Küche.
Je nach Qualität eignet es sich für Pestos und
Dressings, aber auch gut zum Dünsten, Braten
oder Grillen von z. B. Gemüse.
Inwieweit kommt Kokosöl, das seit einigen
Jahren bei Endverbrauchern gehyped wird, in
Großküchen zum Einsatz?
Dass Kokosöl im großen Stil in GV-Küchen
KOKOSÖL
::Überwiegender Anteil an
mittelkettigen, gesättigten
Fettsäuren, sog. MCT-Fette
::Direkt aus dem Darm ohne
Gallensäuren aufgenommen
zu verstoffwechseln
::Mild im Geschmack (raffinierte
Sorte) bis geschmacksintensiv
::Als Ergänzung zu Standardöl,
z. B. für die asiatische Küche
::Bei Zimmertemperatur fest
verwendet wird, ist nach meiner Erfahrung
eher nicht der Fall – schon allein aus wirt-schaftlichen
und sensorischen Gründen. Ich
kann mir aber vorstellen, dass der eine oder
andere Kokosöl aufgrund seiner Schmelztem-peratur
oder Erhitzbarkeit schätzt oder auch als
geschmacksgebende Komponente bei der Zu-bereitung
asiatischer Gerichte nutzt. Kokosöl
würde für mich in einer geschmacksintensiven
Qualität Sinn machen, oder auch aufgrund des
Schmelzpunktes in der Pâtisserie.
Etwas, das vor einigen Jahren noch häufiger
in Großküchen im Einsatz war, ist das soge-nannte
Plattenfett, das oft aus Kokos und/
oder Palmfett zum Braten, Frittieren und Ba-cken
besteht und das geschmacksneutral ist.
Die darin enthaltenen gesättigten Fette haben
dazu geführt, dass Plattenfett heute eine un-tergeordnete
Rolle in Profiküchen spielt. Die
Einführung der DGE-Qualitätsstandards in
2007 haben samt Empfehlungen wie auch die
Diskussion rund um Nachhaltigkeit und Palm-öl
dazu beigetragen, dass Plattenfett heute in
Küchen durch erhitzbare Öle ersetzt wird.
Kokosöl polarisiert. Inwiefern ist dieses gesund-heitlich
bedenklich oder auch nicht?
Kokosfett ist gesundheitlich nicht bedenklich,
sondern ein Speisefett, das in vielen Esskul-turen
der Erde eine wichtige Rolle einnimmt.
Kokosfett besteht zu einem hohen Anteil aus
mittelkettigen, gesättigten Fettsäuren, den so-genannten
MCT-Fetten. Aufgrund des MCT-Gehalts
wird Kokosöl allerhand gesundheitli-cher
Wunderwirkungen bezüglich der mensch-lichen
Ernährung zugesprochen, wofür es aber
keinerlei Beweise gibt. Andererseits werden ge-sättigte
Fettsäuren mit der Entstehung von Er-krankungen
in Verbindung gebracht. Nach der
aktuellen Studienlage hat Kokosfett jedoch sehr
wahrscheinlich nicht den negativen Effekt, den
gesättigte Fettsäuren aus tierischen Fetten im
Überverzehr möglicherweise haben können –
das ist ein Ruf, der dem Kokosöl oftmals voraus-eilt.
Wissenschaftlich betrachtet, spricht vieles
dafür, dass Öle, wie alle Lebensmittel, hinsicht-lich
gesundheitlicher Aspekte als Gesamtgefüge
zu betrachten sind, in dem viele Inhaltsstoffe
zusammenwirken.
Gibt es Fehler beim Öleinsatz, die sich in Profi-küchen
einschleichen können?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Fett von
Profiköchen als „erweiterte“ Bratpfanne wahr-genommen
wird – also eher als Küchentechnik
– und zum Garen schlicht benötigt wird, aber
Die wichtigsten Tipps rund um die
Nutzung von Ölen in der Profiküche
haben wir online zusammenge-stellt:
www.gastroinfoportal.de/
tipps-zum-umgang-mit-oel
➘
„Für welchen Zweck ein Öl in der Küche eingesetzt wird, ist
nicht nur vom Rohstoff abhängig, sondern vielmehr von der
jeweiligen Qualität, z. B. nativ, kalt gepresst oder erhitzbar.“
Dr. Silke Lichtenstein Foto: © PhotoSG – stock.adobe.com
Fette & Öle
20 GVmanager 3/ 2019