
Foto: ElbeZeit
Bußgeld. Vor dem Gesetzgeber ist damit auch
ein verbindliches Arbeitsverhältnis zwischen
Entleiher und Leiharbeitnehmer zustande ge-kommen.
Was ist Equal Pay/Equal Treatment,
und gibt es eine Hintertür?
Ein Leiharbeitnehmer hat Anspruch auf die
gleiche Behandlung und Bezahlung wie die
fest angestellten Arbeitnehmer im Betrieb des
Entleihers. Ist die Zeitarbeitsfirma allerdings an
einen der beiden Tarifverträge IGZ oder BAP
gebunden, muss sie diesen Gleichstellungs-grundsatz
erst nach neun Monaten befolgen.
Dieser Umstand trieb zum Teil groteske Blüten:
Um den Anspruch auf gleiche Bezahlung zu
umgehen, wurde Leiharbeitnehmern, die bei
einem Unternehmen im Dauereinsatz waren,
oft nach neun Monaten gekündigt, mit der
Aussicht auf Wiedereinstellung nach mindes-tens
drei Monaten und einem Tag. Auftakt
einer neuen Runde, der Leiharbeitnehmer hat-te
das Nachsehen. Im Frühjahr 2018 jedoch
verkündete das Arbeitsgericht Mönchenglad-bach
ein wegweisendes Urteil gegen eine Zeit-arbeitsfirma
und schuf damit einen Präzedenz-fall,
mit dem die Umgehung von Equal Pay
nicht mehr so einfach ist.
Wann darf man unbürokratisch
eigene Mitarbeiter „verleihen“?
Wird ein Koch an einen befreundeten Kollegen
„ausgeliehen“, dann ist das keine Arbeitneh-merüberlassung,
sondern „Kameradenhilfe“.
Eine Erlaubnis ist dafür nicht erforderlich, vo-rausgesetzt,
der Betrieb zählt nicht mehr als
50 Beschäftigte. „Allerdings sollte die Entsen-dung,
die nicht länger als zwölf Monate dauern
darf, der Bundesagentur für Arbeit schriftlich
gemeldet werden“, sagt Steffen Pasler. Inner-halb
eines Konzernverbunds ist das „Verlei-hen“
eines Mitarbeiters ebenfalls kein Fall von
erlaubnispflichtiger Arbeitnehmerüberlassung
und damit legitim, solange der Arbeitnehmer
nicht eigens zum Zwecke der Arbeitnehmer-überlassung
eingestellt worden ist.
Und wenn ein Leiharbeitnehmer gut
gefällt?
Dass beide Seiten Gefallen aneinander finden,
ist häufig. Wird ein Wechsel ins feste Beschäf-tigungsverhältnis
angestrebt, kann der Per-sonaldienstleister
vom Entleiher eine Vermitt-lungsprovision
verlangen, die jedoch nicht ex-orbitant
hoch sein darf. Cornelia Liederbach
Arbeitnehmerüberlassung
BEST PRACTICE
Vom Schiffscaterer zum Personaldienstleister
Die Sächsische Dampfschiffahrts gmbH
& Co. Conti Elbschiffahrts KG in Dres-den,
kurz Sächsische Dampfschiffahrt
genannt, gilt als die älteste und größte
Raddampfer-Flotte der Welt. Ihre Grün-dung
reicht auf das Jahr 1836 zurück.
Neun historische Schaufelraddampfer
sind für das Unternehmen auf der Elbe
unterwegs. Rund 500.000 Passagiere
werden jährlich transportiert. Seit 2013
ist die Tochtergesellschaft ElbeZeit für
das Catering an Bord zuständig. Darüber
hinaus ist ElbeZeit am Flughafen Dresden
sowie im Zoo Dresden in verschiedenen
gastronomischen Betrieben aktiv. An
beiden Standorten werden auch der
Konferenzservice und Cateringaufträge
übernommen. ElbeZeit beschäftigt rund
145 Mitarbeiter. „Gerade in der Haupt-saison
konnten wir nie auf Leiharbeit-nehmer
verzichten“, sagt der Geschäfts-führer
Jeffrey Pötzsch. 2016 schließlich
übernahm ElbeZeit die 2011 von Studen-ten
gegründete Personaldienstleistungs-firma
Crashice. Im Mitarbeiterpool sind
inzwischen rund 500 Studenten, Schüler
und Aushilfskräfte. Die Leiharbeitnehmer
werden bei Bedarf nicht nur für ElbeZeit
angefordert, sondern auch an externe
Kunden entliehen. „Wir besetzen übers
Jahr gesehen kontinuierlich zwischen
zehn und zwölf Vollzeitstellen mit Leih-arbeitnehmern“,
rechnet Jeffrey Pötzsch.
„In Spitzenzeiten haben wir in unserem
Mitarbeiterstamm zwischen 40 und 50
Leiharbeitnehmer beschäftigt.“
Welche Vorteile bietet Arbeitnehmerüber-lassung
dem Unternehmen? „Die Flexibi-lität
ist das gewichtigste Pro-Argument,
Durch die Über-nahme
eines
Personaldienst-leisters
hat
ElbeZeit, die
Catering-Tochter
der Sächsischen
Dampfschiffahrt,
viel personelle
Flexibilität
gewonnen.
Leiharbeitnehmer einzusetzen“, sagt
der Geschäftsführer. Schifffahrt ist ein
Saisongeschäft. In 2018 machte uns
das Wetter einen Strich durch die Rech-nung,
aufgrund des niedrigen Wasser-pegels
fuhren die Schiffe häufig nicht.
Die Folge: „Wir hatten einen Mitarbeiter-überschuss.
Da auch ElbeZeit über eine
Genehmigung zur Arbeitnehmerüber-lassung
verfügt, konnten wir 15 Mitar-beiter
an andere Gastronomiebetriebe
entleihen.“
Crashice ist Mitglied im Arbeitgeber-verband
der Personaldienstleister BAP.
Mitarbeiter werden auf ihre künftigen
Aufgaben geschult. Alle sind sozialver-sicherungspflichtig
beschäftigt. „Wir
arbeiten streng nach den gesetzlichen
Vorschriften. Lohndumping gibt es bei
uns nicht.“ Der Geschäftsführer weiß,
dass es genügend schwarze Schafe in
der Branche gab und immer noch gibt,
die Scheinselbstständige vermitteln
oder mit Dienst- oder Werkverträgen
„vermieten“. Equal Pay ist selbstver-ständlich:
Crashice lässt sich von seinen
Kunden bestätigen, wie viel dessen
Mitarbeiter auf vergleichbaren Posten
verdienen. „Das ist die Basis für Kalku-lation
des Preises, zu dem ich dem Kun-den
einen Leiharbeitnehmer schicken
kann“, erklärt der Geschäftsführer. Dass
die Behörden die Branche nun schärfer
als bisher kontrolliert und bei Zuwider-handlung
der gesetzlichen Vorschriften
auch hart bestraft, findet Jeffrey Pötzsch
richtig: „Leiharbeit agierte in der Ver-gangenheit
oft in einem Graubereich.
Damit ist nun Schluss. Personalleasing
hat einen großen Stellenwert erlangt
und seinen früheren Makel abgelegt.“
„Zahlt der Verleiher seinem
Arbeitnehmer nicht den
Mindestlohn, dann muss der
Entleiher diese Differenz zah-len.
Arbeitnehmer haben das
Recht, dies einzufordern.“
Steffen Pasler
1-2/ 2019 GVmanager 41