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Oft ist es die eigene Koch-Ehre, die engagierte
Küchenleiter davon abhält, über
den Einsatz von High-Convenience-
Produkten auch nur ansatzweise nachzuden-ken.
„Von der Denke, dass nur wir gut kochen
können, müssen wir uns aber verabschieden“,
appellierte Karl Haaf jüngst in einem Vortrag
an seine 60 Kollegen des Freien Arbeitskrei-ses
der Krankenhaus-Küchenleiter. Der Vor-sitzende
des Arbeitskreises war 36 Jahre lang
selbst Klinik-Küchenleiter und arbeitet noch
bis Ende 2020 für den Einkaufsverbund LEK,
den sein letzter Arbeitgeber, das Klinikum
Nordschwarzwald, mitbegründet hat. Dabei
kommt ihm u. a. die Aufgabe zu, Potenziale
für Kosteneinsparungen aufzutun. In seinem
aktuellen Projekt hat er das mit dem Problem
des Personalmangels kombiniert. „Damit mei-ne
ich nicht nur das Thema Fachkräftemangel,
sondern auch den oft hohen Krankheitsstand
in Großküchen und die Engpässe, gehäuft am
Wochenende“, konkretisiert Karl Haaf. Auf der
Suche nach dem größtmöglichen Hebel lan-dete
er, nachdem er die Spülküche ausklam-merte,
beim Thema Fleischgerichte. „Die Zu-bereitung
vieler Fleischgerichte ist zeit- und
Convenience
personalintensiv. Folglich habe ich überlegt,
ob man sich diese nicht auch in einer verein-barten
Qualität und Kalibrierung liefern lassen
könnte“, schildert er. Unterstützt von seinem
Arbeitskreis-Kollegen Karl Nafz, der jahrelang
die Küche der Uniklinik Tübingen leitete und
erfahren im Thema Kalkulation
ist, startete er
ein Pilotprojekt unter dem Aufhänger Make
or Buy. Dabei kalkulierten sie beispielhaft die
eigenen
Produktionskosten des Klinikums
Nordschwarzwald für 28 Fleischgerichte, von
der Frikadellen-Hackmasse bis zum Rinderbra-ten
mit Sauce, und stellten diese den Kosten
von Fertigprodukten gegenüber. In die Kalku-lation
flossen die Rezepturen ein, also der reine
Wareneinsatz, die Personalkosten, berechnet
mittels Zubereitungszeit und Stundenlohn,
die Lohnfolgekosten, die Mehrwertsteuer und
ein prozentualer Gewinnaufschlag. „Den Auf-schlag
darf eine Küche, die gewinnbringend
arbeiten muss, nicht vergessen. Viele Küchen
verkaufen ihr Essen intern ja an den Service, da
kann man schon 100 % aufschlagen. Geht es
an extern, sind sogar 200 % realistisch“, erläu-terte
Karl Nafz. Der so ermittelte Verkaufspreis
pro Portion wurde dem Preis des fertig gekauf-ten,
in Kalibrierung gleichwertigem Produkt
gegenübergestellt. Die Wahl fiel auf Sous Vide-
Produkte der oberschwäbischen Großmetz-gerei
Buchmann, welche als Lieferant im Ein-kaufsverbund
gelistet ist und die Anforderung
der Regionalität erfüllte. „Überzeugt hat uns
die handwerkliche Herstellung und die hohe
Qualität, die das Sous Vide-Verfahren ermög-licht,
v. a. bei Rindfleischprodukten“, sagt Karl
Haaf. Interessant
war zudem, dass Fleisch und
Sauce separat gekauft werden können. Wie
lautet das Ergebnis des Vergleichs? Würde das
Klinikum Nordschwarzwald ein Jahr lang seine
Fleischkomponenten für die Patientenverpfle-gung
zukaufen, ergäbe sich eine Ersparnis von
rund 19.000 € – Personalkosten ausgeklam-mert.
Die Zahlen, kombiniert mit dem Mehr-wert
haben dazu geführt, dass ein Praxistest
an den Wochenenden gestartet wurde. Dabei
sollen Qualität und Akzeptanz geprüft werden.
Fazit
„Jeder Verantwortliche sollte mal einen derar-tigen
Vergleich anstellen“, betonte Karl Haaf.
„Wenn erstmal die Geschäftsführung auf eine
solche Idee kommt, ist es zu spät. Die hängen
sich an den Personalkosten auf und streichen
sofort Stellen“, ergänzte er gegenüber seinen
Kollegen. „Wenn ihr die Chefs der Küche blei-ben
wollt, müsst ihr eure Kosten im Griff haben
und vorausschauend agieren!“ Ein Conveni-ence-
Zukauf eröffne die Chance, angespannte
Situationen zu entzerren und der Küche wie-der
Freiräume zu verschaffen. Hinzu kommt:
„Der Gast will am Ende des Tages ein gutes
Essen freundlich serviert bekommen. Wie und
von wem das gekocht ist, ist ihm egal“, resü-mierte
Karl Haaf, der sich sicher ist, dass hier
eine grundlegende Änderung bevorsteht. kir
Make or Buy?
Das Klinikum Nordschwarzwald hat sich der Make-or-Buy-
Entscheidung zum Thema hochconveniente Fleischkomponenten
gestellt. Ergebnis ist die Kooperation mit einer regionalen
Großmetzgerei – zunächst nur für die Wochenendverpflegung.
Wie es dazu kam.
11/ 2018 GVmanager 25