
Fotos: privat
Nachgehakt
Lohnt sich mehr Tierwohl?
Label, die ein besseres Tierwohl versprechen, gibt es mittlerweile viele auf dem deutschen Markt.
Auch in der GV werden sie immer häufiger eingesetzt. Kommt das bei den Gästen gut an?
Genuss mit gutem Gewissen: In einer Umfrage haben 85 % der
Befragten angegeben, dass ihnen verstärkter Tierschutz bei der
Haltung wichtig ist, heißt es beim Bundesministerium für Ernäh-rung
und Landwirtschaft. Grund genug für Bundesagrarministerin Julia
Klöckner, ein dreistufiges staatliches Tierwohllabel anzukündigen. Die
Strohschwein: Heinrich Bach-huber,
Leitung Gastronomie
& Catering, MAN Truck & Bus,
Catering Services München:
Wir haben uns für das Strohschwein
entschieden, weil es eine nachhalti-ge
und transparente Initiative zum
Tierwohl ist. Außerdem demonstriert
das Siegel, dass regionale Produkte
und eine regionale Erzeugung von
Lebensmitteln erschwinglich und um-setzbar
sein können. Wir bewerben
das Strohschwein aktiv. Gäste sind bereit, mehr dafür zu
bezahlen. Vom ersten Tag an ist das Strohschwein sehr
gut bei uns angekommen. Es kostet im Durchschnitt ca.
20 % des subventionierten Mitarbeiterpreises. Bezüglich
des Preises haben wir noch keine negativen Rückmel-dungen
erhalten. Generell finde ich Siegel natürlich gut,
zu viele Siegel verwirren den Gast jedoch und nehmen
die Wertigkeit bzw. lassen den Konsumenten den Un-terschied
nicht mehr realisieren. Die Gefahr der reinen
„Marketing-Siegel“ entsteht, ähnlich diversen „Testsie-geln“
bei anderen Produkten.
Idee ist jedoch nicht neu, sondern vom Vorgänger Christian Schmidt
übernommen. Passiert ist seither wenig. Ob es tatsächlich umgesetzt
wird, ist fraglich. Wir haben nachgefragt, wer welche Tierschutzlabel in
Betriebsrestaurants oder Mensen einsetzt und wie die Resonanz bei den
Gästen ist.
BayernOx: Gregor Fricke, Leiter der Abteilung
Hochschulgastronomie und stv. Geschäftsfüh-rer
Studentenwerk München:
Das Studentenwerk München legt größten Wert auf
Regionalität, Nachhaltigkeit, Tierschutz und Förde-rung
der heimischen Erzeuger. Da die verfügbaren
Mengen leider nicht für alle unsere Betriebe rei-chen,
bieten wir BayernOx-Produkte, also regiona-les
Rindfleisch mit speziellen Anforderungen, in der
Mensa Leopoldstraße an, in allen anderen Betrie-ben
ausschließlich Rindfleisch mit GQB (Geprüfte
Qualität Bayern). Gerichte mit BayernOx werden
auf unserem Speiseplan gekennzeichnet und es gab eine Einführungsaktion
in der Mensa.
Die Verkaufspreise werden nach unserem Standard-Kalkulationsmodell
berechnet. Es gibt keinen zusätzlichen Aufschlag. Wir werden immer häufiger
nach der Herkunft unserer Lebensmittel gefragt und geben dazu natürlich
auch gerne und umfassend Auskunft. Wir sind für verschiedene Prüfsiegel zer-tifiziert,
z. B. Bio, MSC, ASC, Fairtrade, BioBayern, etc. Jedes Prüfsiegel sollte
echte Werte abbilden, die eine Verbesserung für Mensch, Tier und Umwelt
beinhalten. Die Kriterien für Siegel müssen ehrlich und leicht nachvollziehbar
sein und es muss eine objektive und auch strenge – gleichzeitig aber auch
realisierbare – Kontrolle über die Einhaltung der Standards geben.
Ursprung von Transgourmet: Jürgen Bergjan, Bereichsleiter der Gastronomischen Dienstleistungen der
Lebenshilfe Grafschaft Bentheim:
Aktuell bieten wir 14-tägig einmal pro Woche den „Ursprung-Tag“ an, an dem Gäste zwischen einem Eintopfgericht und
einem Tellergericht wählen können. Diese enthalten Fleisch und Fisch der Eigenmarke Ursprung von Transgourmet, das
nach klar definierten und transparenten Kriterien produziert wird. Wir bewerben die Speisen über unseren Mittagstisch-
Flyer mit entsprechenden Tischaufstellern, aber auch mit weiterem Ursprung-Infomaterial zu den einzelnen Produkten. Die
Gäste des Grafschafter Mittagstischs schätzen unsere gutbürgerliche Küche und die gute Qualität in unseren Bistros. Eine
bewusste Nahrungsmittelbeschaffung aber auch ein verändertes Ernährungsverhalten führen dazu, dass unsere Angebote
ein stetiges Wachstum verzeichnen. Wir stellen fest, dass unsere Gäste einen nachvollziehbaren Mehrwert bei Lebensmit-teln
und den damit verbundenen besseren Geschmack positiv bewerten. Die höheren Verkaufspreise des „Ursprung“-
Gerichts akzeptieren sie. Unsere Zielgruppe möchte sich gesund und abwechslungsreich ernähren. Immer mehr Gäste sind
gut darüber informiert, was sich im Bereich Lebensmittelvermarktung wirklich abspielt. Sie sind immer besser aufgeklärt
und fragen, wo wir unser Fleisch und Gemüse einkaufen. Sofern es gelingt, durch Siegel den Fokus verstärkt auf die nachhaltige Erzeugung
der Lebensmittel zu lenken, ist das ein Schritt in die richtige Richtung. Für unsere Lebensmittel bedarf es künftig einer deutlich höheren Wert-schätzung
für ein gutes Produkt. Meiner Einschätzung nach gibt es aber eine Fülle an Siegeln, die kaum ein Endverbraucher durchblickt, wie
beim Ausdruck „Artgerechter Tierhaltung“ – ein nichtgeschützter Begriff. Es wird zwar als wichtig empfunden, aber wenn man erklärt, was
artgerechte Haltung z. B. in Bezug auf die Hähnchenmast bedeutet, sind viele desillusioniert, da sie sich darunter was anderes vorgestellt haben.
24 GVmanager 10/ 2018