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Ernährungsbildung on Tour
Kochpraxis gibt es nur in Schulen, die über eine Küche verfügen? Von wegen: In drei Münchner
Schulen ist derzeit ein mobiles Konzept im Einsatz. Was hat das mit einer Justizvollzugsanstalt zu tun?
Ernährungsbildung in Schulen lässt
meist zu wünschen übrig – dieser An-sicht
sind viele Ernährungsexperten
und Pädagogen. Lehrpläne lassen wenig
Spielraum und die Kochpraxis fällt meist
unter den (Schüler-)Tisch. Doch auch Leh-rer
sind mit der Frage überfordert, wie sie
das in ihren Lehrplänen unterbekommen.
Nicht selten ist die dürftige Ernährungsbil-dung
aber auch den fehlenden praktischen
Möglichkeiten geschuldet: Nicht jede
Schule verfügt über eine Küche oder einen
Hauswirtschaftsraum. Wie also den Kindern
Ernährung näher bringen? Eine Lösung
wurde auf der bayerischen Fachtagung
Kita-
und Schulverpflegung in Ebersberg
vorgestellt: der mobile Kochwagen.
Für 30 Schüler
„Unser Ziel ist es, auch in den nicht-haus-wirtschaftlichen
Fächern das Thema ein-fließen
zu lassen“, erklärt Christiane Klim-sa
vom Referat für Bildung und Sport der
Stadt München, die das Projekt begleitet.
Der mobile Kochwagen ist für den Einsatz
im Klassenzimmer konzipiert worden. So
könnte im Matheunterricht der Wagen
bei der Prozentrechnung eingesetzt wer-den
– anhand der Schälverluste von Obst
und Gemüse. Für den Englischunterricht
eignet er sich z. B. beim Erlernen der
Gegenwartsform.
Entstanden ist der Kochwagen als Projekt
im Studiengang Industriedesign der Tech-nischen
Universität München. Er ist kom-plett
mit Basis-Kochequipment für eine
Klasse mit 30 Schülern ausgestattet. Es ist
in herausnehmbaren Euroindustriekisten
verstaut. „Die Messer sind weggesperrt, da
kommen keine Kinder dran“, betont Chris-tiane
Klimsa. Der Wagen hat eine normale
Küchenhöhe, da die Kinder zu Hause auch
in dieser Höhe arbeiten müssen.
Angeschlossen werden muss der Wagen le-diglich
mit einem 8 m langen Kabel, das in
eine normale Steckdose passt. Neben dem
Herd von Miele mit zwei Induktionsplatten
sind noch andere Geräte am Kochwagen
benutzbar, wie ein Mixer. Priorität beim
Strom hat aber immer die Kochplatte. Der
Wagen ist komplett ausgestattet, verfügt al-so
auch über ausziehbare Mülleimer. „Die-se
können mit eingehängten Müllbeuteln
aber nicht mehr zurück in den Wagen ge-schoben
werden. Damit stellen wir sicher,
dass der Müll nicht von Klasse zu Klasse
geschoben wird“, betont Christiane Klimsa.
Rezepte inklusive
„Schulen erhalten nicht nur den Wa-gen,
sondern ein komplettes Konzept“,
beschreibt Christiane Klimsa den Vorteil
des mobilen Kochwagens. Denn neben
dem Kochequipment gibt es Material wie
Rezepte, Zutatenkarten und Informati-onskarten
für Lehrer. Für die Rezepte hat
das Projektteam mit der Hochschule Alb-stadt-
Sigmaringen zusammengearbeitet.
Herausgekommen
sind z. B. Vorschläge für
einen Couscous-Salat oder Penne. Um die
Lehrer an die Hand zu nehmen, gibt es für
sie eine Einführung in die Technik und das
gesamte Konzept.
Die Lösung vermittelt mehr Wissen als nur
die Zubereitung von Speisen. Hierfür wer-den
die Schüler in vier Rollen eingeteilt:
Rezeptkontrolleure, Hygienedetektive, Ord-nungshüter
und Tischkulturbeauftragte.
„Es geht uns darum, Lerninhalte begreifbar
zu machen sowie Alltagskompetenzen und
die Eigenverantwortlichkeit
zu fördern und
Zusammenhänge zu erkennen“, betont
Christiane Klimsa.
Austausch ist wichtig
Seit einem Jahr ist der mobile Koch-wagen
an drei Münchner Schulen im
„Unser Ziel ist es, auch in den nicht-
hauswirtschaftlichen Fächern das Thema
Ernährungsbildung einfließen zu lassen.“
Christiane Klimsa, Referat für Bildung und Sport, München
Technik
Schulverpflegung 3/2018