
Fotos: Kirchner, Rational
Digitalisierung
Autonomes Kochen
Mit dem SelfCookingCenter automatisierte Rational das Kochen als es noch lange
kein Trend war. Wie das Unternehmen heute und in Zukunft mit der Digitalisierung
umgeht, berichtete uns der Vorstandsvorsitzende Dr. Peter Stadelmann.
Herr Dr. Stadelmann, sehen Sie sich als digita-ler
Vorreiter hinsichtlich Profiküchentechnik?
Es spricht heute jeder von autonomem Fahren.
Wir kochen seit 2004 autonom, und zwar
unfallfrei. Man kann, aber muss keine Kocherfahrung
mehr haben, um ein bestimmtes Garergebnis
sichern zu können – unabhängig
vom Rohmaterial, der Menge und der Person,
die kocht. Zukünftig wird das an Bedeutung
gewinnen, weil vor allem in Deutschland der
Kochberuf ausstirbt.
Auch heute haben wir noch einen Wettbewerbsvorteil
gegenüber anderen Kombidämpfern,
die ähnliche Funktionen haben. Zwar
sind inzwischen alle programmierbar, unsere
Garintelligenz geht aber einen Schritt weiter.
Sie „denkt“ mit und steuert sich selbst. Ein
Programm dagegen ist immer starr. Es arbeitet
5 Min. bei 200°C, dann 10 Min. mit einer
anderen Temperatur usw. Der Ablauf ist immer
gleich, egal, was und wie viel ich ins Gerät
schiebe. Die Konsequenz: Wenn ich das Gerät
geringer belade, verbrennt das Gargut, wenn
ich mehr reinschiebe, ist das Gargut nicht
durch. Der Grund: Die Hitze muss proportional
zum Gargut und Garpunkt sein. Und das
SelfCookingCenter merkt das, weil es konstant
prüft, was im Garraum passiert, wie schnell die
Temperatur steigt und daraus Rückschlüsse auf
das Volumen zieht.
Immer mehr Küchen müssen auch ohne einen
Koch funktionieren, der noch die Zusammenhänge
zwischen Temperatur, Klima, Gargutgröße
und -art gelernt hat. Leider wissen das
bald immer weniger Küchenmitarbeiter – und
trotzdem wollen die Gäste ein gutes Essen haben.
Die Garintelligenz ist darauf eine Antwort.
Vor drei Jahren bezeichneten Sie es als Vision,
dass der Kombidämpfer sagt: „In 200 Chargen
muss ich gewartet werden.“ Wie nah sind Sie
dieser Vision mit ConnectedCooking schon ge-kommen?
Wir arbeiten daran. Wir können z. B. bereits bei
Verkalkung warnen. Heute meldet das Gerät
einen Fehler, zeigt aber noch keine Wartung
an. Aber ConnectedCooking wird das in Zukunft
können. Es ist das Ziel, dass man aus den
Nutzungsdaten eine Voraussage macht, wann
man eine Türdichtung wechseln muss oder
wann das Gerät einen Service braucht.
Es hat lange gedauert, bis sich die Köche an
selbst kochende Kombidämpfer gewöhnt
haben.
Kaum ist es soweit, legen Sie mit Con-nectedCooking
nach – eine erklärungsbedürfti-ge
und schwer greifbare Zusatzfunktion.
Das stimmt. Die Möglichkeit Geräte per ConnectedCooking
zu vernetzen, ist im Grunde
ganz einfach. Speziellere Funktionen in ConnectedCooking
benötigen eine Einweisung,
ansonsten ist es sehr einfach zu bedienen und
bietet z. B. mit der großen Rezeptdatenbank
einen leicht greifbaren Zusatznutzen. Damit es
genutzt wird, muss es eine Erleichterung für
den Anwender bringen – und diese vermitteln
wir ihm. Beispielsweise kann er auf seiner App
nachvollziehen, was die Geräte in seiner Küche
gerade machen. Er sieht, wie gut das Gerät gereinigt
ist und welcher Prozess gerade läuft. Er
kann sogar Garprogramme und Software per
App aufspielen, während er früher noch zu jedem
Gerät mit dem USB-Stick gehen musste.
Oder er kann die Daten der App direkt zu seinem
Servicepartner weiterleiten. Dieser sieht
im Fall einer Fehlermeldung z. B. sofort, welche
Teile er braucht und kann im Idealfall die
Fehlfunktion mittels Fernwartung beseitigen,
ohne dass der Kunde auf den Besuch des Technikers
warten muss.
In unseren Garen Live Vorführungen sind wir
dabei, ConnectedCooking als Bestandteil vorzustellen
bzw. in den Akademien zu vermitteln.
Den Nutzen, den die App oder die Geräte leisten,
muss man immer wieder wiederholen und
den Kunden zeigen. Wir haken nach, wie es genutzt
wird und welche Verbesserungsvorschläge
es gibt. ConnectedCooking wird künftig
immer ein Begleitprodukt unserer Geräte sein.
Digitalisierung bedeutet für Köche derzeit,
dass sie diverse Apps brauchen, um ihre Geräte
zu überwachen. Von großem Vorteil wäre es,
wenn alles auf einer Plattform zusammenlau-fen
würde. Können Sie sich vorstellen, dass es
in absehbarer Zeit ein einheitliches System gibt,
an dem Sie mitarbeiten?
Dass die Vernetzung kommt, sehen wir bereits
jetzt in allen Lebens- und Arbeitsbereichen.
Deswegen ist ConnectedCooking mit offenen
Schnittstellen ausgestattet und kann mit anderen
Systemen interagieren – und ist damit fit für
die Zukunft. Und wir reden auch mit einigen
Branchenkollegen bezüglich einer Kooperation.
Aber das muss erst noch entwickelt werden.
Ich glaube, das braucht noch drei, vier Jahre
bis wir die ersten Systeme sehen werden. Und
bevor es den kompletten Wertschöpfungsprozess
abdeckt, wird es auch noch mal ein paar
Jahre dauern.
Herzlichen Dank für das Gespräch! kir/teo
30 GVmanager 8/ 2018