
Foto: Coco Lang/ZS Verlag
Frühlingsküche
hohe Proteinzufuhr bei Älteren erwiesenermaßen
vorteilhaft ist, wird beim Durch-schnittskonsumenten
vor einer zu hohen Nie-renbelastung
gewarnt. Was bedeutet das für
Low Carb? „Eine proteinreiche Mahlzeit am
Tag ist sicher nicht gesundheitsschädigend. Es
kommt auf das große Ganze an“, betont Inga
Pfannebecker. „Wie viel Eiweiß gesund oder
ungesund ist und was mögliche schädigende
Wirkungen sein können, ist außerdem nicht
klar, denn es gibt nur wenige Daten und kei-ne
Leitlinie dazu. Als unschädliche Obergrenze
gelten 2 g Protein pro Kilogramm Körperge-wicht.
Bei Frauen entspricht das im Durch-schnitt
rund 120 g Eiweiß am Tag, bei Män-nern
ca. 140 g“, resümiert sie abschließend.
Ernährungswissenschaft hin oder her – am
Ende kommt es auch auf den Genuss an. Und
wenn Low Carb-Gerichte wie Zoodles neu-en
Schwung ins Speisenangebot bringen
können, sind sie zumindest einen Ver-such
wert. kir
ERNÄHRUNGSUPDATE – LOW CARB
Definition:
Es gibt keine rechtlich verbindliche Definition
für Low Carb. Im Allgemeinen versteht man
darunter eine Ernährung bzw. Gerichte mit
einem Kohlenhydratanteil von max. 30 % der
Gesamtkalorien. Um als Low Carb zu gelten,
sollte ein Gericht mit 500 kcal z. B. max. 37,5 g
Kohlenhydrate enthalten.
Zudem gelten Low Carb-Gerichte als solche,
die keine leicht verdaulichen Kohlenhydrate,
v. a. aus Zucker und Stärke, enthalten.
Wissenschaftlich Beurteilung einer
Low Carb-Ernährung:
Positive Effekte durch geringeren Koh-lenhydratanteil:
Weniger Kohlenhydrate
zu essen und v. a. auf schnell verdauliche
Kohlenhydrate, z. B. aus Zucker oder
Weißmehl, zu verzichten, sorgt dafür, dass
der Insulinspiegel niedrig bleibt – eine
wichtige Voraussetzung, damit Fett abge-baut
werden kann und ein wichtiger
Faktor, um ständigen Heißhunger
auszuschalten. Zusätzlich hat ein
geringerer Kohlenhydratanteil
der Ernährung positive Effekte
auf den ganzen Stoffwechsel
und kann helfen, Krankheiten
wie Diabetes Typ 2 vorzubeu-gen.
Ein höherer Fett- und
Eiweißanteil in der Nahrung
sorgt zudem für einen guten
Sattmacher-Effekt.
Kritikpunkte: Bei Er-nährungsweisen
mit sehr
niedrigem Kohlenhydratanteil
kommt der Körper schnell in die
„Ketose“. Er nutzt Fettpölsterchen zur
Energiegewinnung und baut sie in der
Leber zu Ketonkörpern um, die anstelle der
Kohlenhydrate zum „Treibstoff“ werden. Wäh-rend
das kurzzeitig eher positive Effekte auf
den Körper zu haben scheint, ist noch unklar,
wie sich diese Art der Stoffwechselumstellung
auf lange Sicht auswirkt. Da nur sehr wenig
Kohlenhydrate erlaubt sind, kommen gesunde
Lebensmittel wie Vollkornprodukte zu kurz,
die wertvolle Nährstoffe bieten. Ein weiterer
Kritikpunkt ist, dass bei der hohen Menge an
Fett schnell zu viele ungesunde gesättigte
Fette aufgenommen werden, die z. B. in
Fleisch und Milchprodukten stecken und die
Herz und Blutgefäßen auf Dauer schaden kön-nen.
Um das zu verhindern, sollte auf einen
hohen Anteil an Lebensmitteln mit ungesättig-ten
Fettsäuren geachtet werden,
z. B. Nüsse, Avocado und Pflanzenöle.
Besonders für die strengen Formen der Low
Carb-Ernährung gehen die Urteile der Ernäh-rungsexperten
weit auseinander. Einig sind
sie sich nur darin, dass die Menge an leicht
verdaulichen Kohlenhydraten, wie aus Zucker
und zuckerreichen Produkten sowie Weiß-mehlprodukten,
eingeschränkt werden sollte.
Das senkt erwiesenermaßen das Risiko für
Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen
wie Diabetes Typ 2.
Wirkung von Slow Carbs ungeklärt:
Ob es darüber hinaus empfehlenswert ist,
dauerhaft auch „Slow Carbs“ aus Vollkorn-produkten,
Gemüse oder Hülsenfrüchten und
Obst, das reich an natürlichem Fruchtzucker
ist, wegzulassen, etwas, das strenge Low
Carb-Formen wie die Atkins-Diät empfehlen,
ist dagegen noch nicht eindeutig geklärt. So
lautet der Schluss einer neuen Übersichtsarbeit
der Universität Maastricht.
Zielgruppeneignung:
Für Gesunde geeignet: Bei gesunden
Menschen sind auch bei dauerhafter Low
Carb-Ernährung keine Probleme zu erwarten.
Achtung bei Kindern, Gicht- und Nieren-patienten:
Menschen, die von Gicht und Nie-renproblemen
betroffen sind, sollten besser
davon absehen oder zumindest ihren Arzt um
Rat fragen, bevor sie mit einer Low Carb-Diät
beginnen. Denn der erhöhte Eiweißanteil und
der meist höhere Anteil an tierischen Produk-ten
kann sich hier negativ auswirken. Auch
für Kinder und Jugendliche im Wachstum sind
strenge Low bzw. No Carb-Diäten nicht zu
empfehlen. Da sie wachsen und sich in der
Regel mehr bewegen als Erwachsene, haben
sie relativ zur Körpergröße gesehen mehr
(schnelle) Energie aus Kohlenhydraten nötig.
Fehlt es daran, werden sie schnell schlapp
und können sich schlecht konzentrieren. Das
heißt aber nicht, dass sie sorglos bei Süßem
und Weißmehlprodukten zugreifen sollten.
Praxistipp:
Eine Ernährung mit vielen Slow Carbs aus
Vollkornprodukten, Gemüse und Hülsenfrüch-ten
tut allen Zielgruppen gut und ist ein sehr
guter Anfang oder Kompromiss, um kohlenhy-dratbewusst
zu essen: einfache Kohlenhydrate
aus Zuckerreichem und Weißmehlprodukten
reduzieren und durch gute Kohlenhydrate, die
langsam verdaut werden, ersetzen.
Rechtlicher Hinweis: Laut Health Claims
Verordnung ist eine Auslobung als „Low
Carb“ auf dem Etikett von Lebensmitteln nicht
zulässig. Gerichte sollte man folglich besser
nicht als „Low Carb“ ausloben. Aber ein Hin-weis
wie „weniger Kohlenhydrate“, wenn das
Gericht tatsächlich weniger davon hat als ein
vergleichbares Gericht, ist sicher eine informa-tive
Angabe und rechtlich unproblematisch.
Das Rezept „Zucchinisalat“
stammt aus einem Kochbuch von
➘
Inga Pfannebecker.
Mehr dazu online:
www.gastroinfoportal.de/lowcarb
Wissenschaftlich
unterstützt wird die
Redaktion bei dieser Rubrik vom VDOE,
dem BerufsVerband Oecotrophologie e.V.,
der uns Experten aus dem Gebiet der Er-nährungs-,
Lebensmittel- und Haushalts-wissenschaften
und Oecotrophologie ver-mittelt.
Er vertritt 4.000 Mitglieder. Dieses
Mal antwortete Inga Pfannebecker, Food
Journalistin und Kochbuchautorin.
16 GVmanager 4/ 2018