
Foto: Hendrik Lueders
Jetzt mal ehrlich!
Ruprecht Schmidt
Anlässlich der Ausstellung „Food Revolution 5.0“
suchte das Museum für Kunst und Gewerbe
Hamburgs innovativste Kantine. Ausgezeichnet
wurde die Küche im Hospiz Leuchtfeuer Hamburg.
Von Koch Ruprecht Schmidt wollten wir erfahren,
welche Faktoren zum Erfolg führten.
„nachzukochen“, die
damit verbunden werden.
Meine Rolle als Koch ist
zudem
neu definiert wor-den:
Die Bewohner sind nicht
meine Gäste, denen ich etwas an-biete,
was ich mir ausgedacht habe,
sondern sie geben mir vor, was und
wie ich es zu kochen habe.
Wichtig ist, dass die Portionen in der richti-gen
Menge angeboten werden. Es geht nicht
darum, wie viel gegessen wird, sondern dass
die aufgenommene Nahrung die Bewohner
zufrieden und glücklich macht.
Gibt es Speisen, die besonders häufig von
den Bewohnern gewünscht werden?
Besonders häufig wird die klassische Haus-mannskost
gewünscht, z. B. Königsber-ger
Klopse, (Kohl-)Rouladen, Hüh-nersuppe,
Eintöpfe oder Kartoffeln
in all ihren Variationen.
Wollen auch Sie uns mal
„die Meinung sagen“?
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STECKBRIEF
Alter: 54 Jahre
Einrichtung: Hospiz Leuchtfeuer,
Hamburg
Position: Küchenleitung
Werdegang: Beginn der Kochleh-re
1987, es folgte ein Jahr in einem
Sternerestaurant
in Hamburg, danach
ein Wechsel in ein Frankfurter Hotel,
schließlich noch einmal sechs Jahre in
einem Restaurant in Hamburg (davon
drei Jahre als Küchenchef), seit 1998 im
Hospiz Hamburg Leuchtfeuer
Essenszahl: 20
Mitarbeiter: einer
Herr Schmidt, das Museum für Kunst und
Gewerbe hat Ihre Küche als innovativste
Kantine ausgezeichnet. Wie haben Sie das
gefeiert?
Ehrlich gesagt noch gar nicht. Wir haben es
nämlich über Sie erfahren. Außerdem nutzen
wir momentan jede freie Minute zum Marme-ladekochen
für unseren Benefiz-Shop, den wir
in der Weihnachtszeit in der Innenstadt haben.
Aber wenn das geschafft ist, wird gefeiert!
Was hat Sie eigentlich dazu bewogen, sich
zu bewerben?
Unsere Hospizküche ist für uns etwas ganz
Besonderes. Viele Menschen denken im Hos-pizkontext
an das Sterben und vergessen, dass
auch diese Zeit Lebenszeit ist. Und die Mög-lichkeit,
in solch einer intensiven, finalen Le-benszeit
auch auf die kulinarischen Bedürfnisse
der Bewohner einzugehen, trägt zur familiären
Atmosphäre und zum Wohlfühlen bei.
Unsere Küche richtet sich nach den Bedürf-
nissen der Bewohner. Der Speiseplan wird
somit ganz auf sie ausgerichtet und kann je-derzeit
angepasst werden. (Spontane) Sonder-wünsche
oder der Wunsch nach Alternativen
sollen jederzeit umsetzbar sein.
Haben Sie besonderes Feedback von den
Besuchern der Ausstellung bekommen?
Viele Besucher waren erstaunt, unter den Fina-listen
auch eine Hospizküche zu finden. Unsere
Präsentation umfasste auch unser Kochbuch
und einen kurzen Film über unsere Küche.
Dort kommt auch eine Bewohnerin zu Wort.
Das hat viele Besucher sehr berührt.
Welche Herausforderungen bringt Ihr Job
als Koch in einem Hospiz mit sich?
Wunschgerichte stellen fast die größte Heraus-forderung
an mich dar, denn es gilt nicht nur,
das Gericht ansprechend zu kochen, sondern
ich muss auch versuchen, die Erinnerungen
Den außergewöhnlichsten Wunsch hat ein
ehemaliger Matrose geäußert. Er wünschte
sich eine Peking-Ente. Er erinnerte sich an ei-nen
Hafen in Asien, wo er die beste seines Le-bens
gegessen hätte. Mir war sehr schnell klar,
dass ich das nicht nachkochen kann. Ich wollte
ihm aber den Wunsch erfüllen und
bestellte
eine im Restaurant.
Inwieweit hat Ihre
Arbeit im Hospiz Ihre
private Lebenseinstel-lung
verändert?
Ich lebe mein Leben be-wusster,
da mir klar ge-worden
ist, wie schnell es
vorbei sein kann. Auch ist
das Thema Tod und Sterben
kein (Gesprächs-)Tabu mehr für
Liebe Leser!
muc@blmedien.de
mich, aber ich habe noch genauso viel
Angst vor dem Sterben wie zu Beginn meiner
Arbeit im Hospiz.
Was ist Ihr persönliches Lieblingsessen und
wie oft gibt es das bei Ihnen zu Hause?
Ich liebe alle Arten von Pastagerichten. Und
die kann es sehr oft zu Hause geben.
Wie lassen Sie Ihren Abend ausklingen?
Gerne treffe ich mich mit Freunden, gehe ins
Theater oder ins Kino. Es darf aber auch mal
ein Abend auf dem Sofa sein.
Herzlichen Dank für das Gespräch! mak
46 GVmanager 12/ 2017